Nach einer durchzechten Nacht wachst du in deinem Bett auf. Dein Magen fühlt sich flau an. Trotzdem könntest du eine Kleinigkeit essen. Zögerlich fragt dein Gewissen nach etwas Ausgewogenem. Doch bevor du der Bitte nachkommen kannst, schreit dein Gehirn "Pizzaaaaaaa!".
Gelegentlich verspüren wir ein Verlangen nach bestimmten Lebensmitteln. Bei einem Kater ist es zum Beispiel etwas Deftiges, nach einer langen Trainingseinheit Obst. Doch was bedeuten diese Gelüste? Fordert unser Körper einfach nur Dinge, die er gerade braucht, oder steckt da etwas anderes hinter?
Eins vorweg: Unser ist Körper clever. Bemerkt er doch sofort, wenn unseren Zellen die Energie ausgeht. Dafür nutzt er ein raffiniertes System. So kontrolliert er etwa mittels molekularer Messinstrumente ständig den Blutzuckerspiegel. Außerdem produzieren Fettpolster das Sättigungshormon Leptin. Es signalisiert unserem Gehirn, dass wir zur Zeit nichts essen müssen. Auch die Magendehnung behält der Körper im Blick.
Ist unser Blutzuckerspiegel niedrig, das Leptin quasi nicht vorhanden, und ähnelt der Magen einem leeren Luftballon, verfällt unser Körper in einen Alarmzustand. Über ein lautes Magenknurren fordert er entsprechend Nahrung – völlig egal, wo wir uns gerade befinden.
Hunger lässt sich einfach erklären. Beim Heißhunger oder Appetit sieht es anders aus. Schließlich ist es seltsam, wenn uns bei einem Kater der Magen quält und wir gleichzeitig Lust auf fettige Pizza bekommen. Der Ernährungspsychologe Adrian Meule untersucht das Phänomen seit einigen Jahren. Er sagt dazu:
Ob wir hungrig sind oder nicht, spielt laut Meule keine Rolle. Das sei evolutionär bedingt. Unser Körper wolle sich so auf eine mögliche Nahrungsknappheit vorbereiten. Appetit ist also ein unnötiges Überbleibsel unserer Vorfahren – quasi wie der Blinddarm.
Allerdings leben wir hierzulande im Übermaß. Die letzte Nahrungsknappheit liegt mehrere Jahrhunderte zurück. Bleibt die Frage, wieso unser Körper noch immer nach Kalorienbomben lechzt, ohne dass wir hungrig sind.
Welche physiologischen Mechanismen hinter dem Appetit stecken, ist bisher nicht geklärt. Allerdings kann das Bedürfnis in manchen Fällen begründet sein. Sehnen wir uns etwa nach Chips, könnte ein Salzmangel dahinterstecken; wollen wir Obst, brauchen wir möglicherweise Flüssigkeit, wie Meule erklärt.
So sinnvoll das auch klingt, eine Frage bleibt offen: Wieso sehnen wir uns bei einem Salzmangel etwa nach ungesunden Kartoffelchips statt nach Salzstangen?
Immerhin ist es nur schwer vorstellbar, dass sich der frühe Mensch am Drive-in-Schalter eine Tüte Pommes und dazu ein Softeis bestellte. Führt man Heißhunger auf unsere Vorfahren zurück, wäre es doch sinnvoller, wenn sich dieser auf Hirse oder Gemüse bezieht.
Laut Meule liegt das an den persönlichen Erfahrungen:
Aßen wir in der Kindheit also regelmäßig Pizza und Schokolade, verspüren wir auch heute noch das Bedürfnis nach diesen Lebensmitteln.
Auch wenn sich Appetit nicht so einfach erklären lässt wie der reguläre Hunger, gibt es dennoch Tricks, sich dagegen zu wehren. So ist einer Gruppe Ernährungswissenschaftlern etwa bei der Auswertung mehrerer Studien aufgefallen, dass wir seltener Heißhunger bekommen, wenn wir über einen längeren Zeitraum weniger Kalorien aufnehmen als wir eigentlich brauchen.
Dafür empfiehlt Meule ein Ernährungstagebuch zu führen. "Das hilft ein Ernährungsbewusstsein zu entwickeln und den Kalorienverbrauch im Auge zu behalten." Allerdings sollten wir uns keine diättypischen Verboten oder Regeln aufzwingen. Gerade diese führen zu Heißhunger, wie aus einem einem Bericht der Harvard School of Medicine hervorgeht. Auch Langeweile und Stress seien Auslöser, heißt es weiter. Warum, ist jedoch unklar.
Vor Heißhunger schützt außerdem:
Wenn du dennoch dem Bedürfnis nach Pizza, einer Tüte Chips oder einer Tafel Schokolade erliegst, mach dich nicht verrückt. Das verursacht nur unnötigen Stress – und damit womöglich die nächste Heißhunger-Attacke.