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Deutschland will Gespräche mit Russland über Sputnik V – Spahn: Müsste aber schnell gehen

ARCHIV - 10.12.2020, Russland, Moskau: Ein medizinischer Mitarbeiter bereitet eine Spritze mit dem in Russland entwickelten Corona-Impfstoff
In Russland längst im Einsatz: Der Impfstoff Sputnik V. Bild: dpa / Pavel Golovkin
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Deutschland will Gespräche mit Russland über Sputnik V – Spahn: Müsste aber schnell gehen

08.04.2021, 14:12
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Deutschland will mit Russland über mögliche Lieferungen des Corona-Impfstoffs Sputnik V sprechen. Die EU-Kommission habe erklärt, dass sie über das russische Präparat keine Verträge wie mit anderen Herstellern schließen werde, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Donnerstag im WDR5-"Morgenecho". Daraufhin habe er bei einer Videokonferenz der EU-Gesundheitsminister erklärt, "dass wir dann bilateral auch mit Russland reden werden".

Zugleich betonte Spahn, dass es zunächst eine Zulassung des Impfstoffs durch die Europäische Arzneimittelagentur EMA geben müsse. Dafür müsse Russland Daten liefern. Auch müsse geklärt werden, wie viel Impfstoff Russland kurzfristig liefern könne.

Doch haben einige Bundesländer schon vor einer möglichen EU-Zulassung Alleingänge gestartet. Bayern unterzeichnete am Mittwoch einen Vorvertrag über 2,5 Millionen Sputnik-Dosen, Mecklenburg-Vorpommern zog am Donnerstag mit einer Option auf eine Million Dosen nach.

EMA-Prüfverfahren für Sputnik V läuft noch

Die Europäische Arzneimittelagentur EMA hatte Anfang März ein Prüfverfahren für Sputnik V im Rahmen einer sogenannten Rolling Review begonnen. Dabei werden Testergebnisse bereits geprüft, auch wenn noch nicht alle Daten vorliegen und noch kein Zulassungsantrag gestellt wurde.

Im April wollen EMA-Experten Produktion und Lagerung des Impfstoffs in Russland begutachten. Die EU-Staaten Ungarn und Slowakei haben Sputnik bereits auf eigene Faust angeschafft, Ungarn erteilte eine Notfallzulassung.

EU-Kommission: Nicht das Ende der europäischen Impfstoff-Strategie

Bislang hatte Deutschland Impfstoff ausschließlich zusammen mit den anderen EU-Staaten angeschafft. Diesen Weg hatte die Bundesregierung auch für Sputnik V gefordert – und eine Absage kassiert. Ein Sprecher der EU-Kommission betonte am Donnerstag jedoch, ein Vorgehen wie das von Deutschland bedeute nicht das Ende der europäischen Impfstoff-Strategie. Vielmehr stehe es Ländern frei, bilateral Impfstoff zu beschaffen, der nicht Bestandteil des gemeinsamen Vorgehens sei.

Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, sagte im ZDF-"Morgenmagazin", die publizierten Daten zu Sputnik V "sehen sehr gut aus", er wisse aber nicht, was der EMA an zusätzlichen Daten vorliege. "Wenn der Impfstoff geprüft und zugelassen wird, hätte ich persönlich dagegen nichts einzuwenden."

"Nicht aus politischen Gründen verzichten"

Der Gesundheitspolitiker und CDU-Europaabgeordnete Peter Liese forderte, man dürfe nicht aus politischen Gründen auf Sputnik verzichten. Falls die EMA das Präparat positiv bewerte und falls Russland schnell liefern könne, müsse man den Impfstoff auch aus Russland importieren. Schließlich könne es bei anderen Impfstoffen zu Lieferproblemen kommen. Jedoch sei er gegen nationale oder regionale Alleingänge; die EU-Kommission müsse handeln.

Spahn betonte nun, dass geklärt werden müsse, welche Mengen des Sputnik-Impfstoffs wann geliefert werden könnten. Darüber werde man erstmal mit Russland reden. "Um wirklich einen Unterschied zu machen in unserer aktuellen Lage, müsste die Lieferung schon in den nächsten zwei bis vier, fünf Monaten kommen – ansonsten haben wir so oder so mehr als genug Impfstoff."

"Ich fürchte, die Antwort ist nein"

Der Impfstoff-Beauftragten der EU-Kommission, Thierry Breton, erwartet durch Sputnik V keine schnell Entlastung. Auf die Frage, ob Präparate etwa aus Russland oder China dazu beitragen könnten, bis zum Sommer 70 Prozent der Erwachsenen in der EU zu impfen, schrieb der er am Donnerstag: "Ich fürchte, die Antwort ist nein." Jedes Unternehmen, das einen neuen Impfstoff produzieren wolle, brauche mindestens zehn Monate. Deshalb müsse man sich auf die Produktion jener Impfstoffe konzentrieren, die in der EU bereits zugelassen oder kurz davor seien.

Thierry Breton under taler under dagens doorstep. Doorstep med EU kommissaer for indre marked Thierry Breton og udenrigsminister Jeppe Kofod i Koebenhavn, torsdag den 18. marts 2021. Thierry Breton st ...
Thierry Breton ist der Meinung, die EU-Staaten können eine Herdenimmunität auch ohne den russichen Impfstoff Sputnik V erreichen.Bild: IMAGO / Ritzau Scanpix

Zugleich zeigte Breton sich optimistisch, dass es auch ohne Impfstoffe wie Sputnik V bis Ende Juni genügend Dosen in der EU gibt, um rund 70 Prozent der Erwachsenen zu impfen. Im ersten Quartal seien 108 Millionen Dosen geliefert worden, für das zweite Quartal rechne er mit 360 Millionen weiteren. Die EU-Staaten müssten Massen-Impfungen und Kampagnen organisieren, um die Bürger davon zu überzeugen, sich impfen zu lassen. Er sei optimistisch, dass es bald etwas Normalität geben werde und die Europäer einen Sommer ähnlich wie im vergangenen Jahr erleben würden.

Deutschland bleibt dabei: Astrazeneca nur für Menschen ab 60

Spahn betonte am Donnerstag mit Blick auf den Impfstoff von Astrazeneca, dass dieser weiterhin nicht bei Menschen unter 60 Jahren eingesetzt werden sollte. "Wir bleiben dabei, dass wir den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission folgen", sagte er. Die EMA hatte am Mittwoch trotz sehr seltener Fälle von Blutgerinnseln in Hirnvenen jüngerer Menschen weiterhin uneingeschränkt grünes Licht für die Anwendung des Impfstoffes gegeben. Doch auch andere EU-Staaten schränkten den Gebrauch ein. So sollen in Belgien zunächst nur Menschen über 55, in Spanien und Italien nur Menschen über 60 mit Astrazeneca geimpft werden.

Die Entscheidung über den Wechsel von Astrazeneca zu einem anderen Präparat für die Corona-Zweitimpfung in Deutschland soll erst in der kommenden Woche fallen. Zunächst wollten die Gesundheitsminister der Länder am nächsten Dienstag mit Spahn und dem Stiko-Vorsitzenden Mertens noch offene Fragen diskutieren, hieß es am Donnerstag es aus den Reihen der Länderminister.

(vdv/dpa)

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