Zwei Menschen sitzen mit Abstand auf einer Parkbank und unterhalten sich. Bild: iStockphoto/getty / kzenon
Deutschland
Ob Ramelow mit seinem Kursschwenk in der Corona-Krise zum Trendsetter wird, ist noch nicht klar. Vielleicht bremst ihn schon das eigene Kabinett aus. In Berlin und München erntet er auf jeden Fall viel Kopfschütteln.
Nach Monaten der Geschlossenheit driften Bund und
Länder jetzt bei den Corona-Beschränkungen stärker auseinander.
Während die Bundesregierung weiter auf eine vorsichtige, schrittweise
Lockerung der Kontaktbeschränkungen setzt, möchte Sachsen einen
ähnlichen Weg einschlagen wie Thüringens Ministerpräsident Bodo
Ramelow (Linke).
Wie aus einer Beschlussvorlage hervorgeht, will Kanzleramtschef Helge
Braun (CDU) den Ländern vorschlagen, auch nach dem 5. Juni weiterhin
bundesweit in der Öffentlichkeit einen Mindestabstand von 1,5 Metern
vorzuschreiben. Auch die Maskenpflicht in bestimmten öffentlichen
Bereichen solle beibehalten werden, heißt es in einer
Beschlussvorlage, über die zuerst die "Bild" berichtet hatte. Auch bei
privaten Zusammenkünften in geschlossenen Räumen seien die
Hygieneregeln umzusetzen "sowie die Zahl der Personen generell auf
höchstens zehn zu beschränken". Angesichts der bundesweit niedrigen
Infektionszahlen sollte der Aufenthalt im öffentlichen Raum nur noch
dort "durch verbindliche Anordnungen beschränkt werden, wo die
regionale Dynamik im Infektionsgeschehen dies erfordert".
Eigenverantwortung in Corona-Zeit
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hatte am Wochenende
angekündigt, vom 6. Juni an auf allgemeine Corona-Beschränkungen zu
verzichten und stattdessen auf "lokale Ermächtigungen" sowie die
Eigenverantwortung der Menschen zu setzen. Die Verantwortung solle
lokal bei den Gesundheitsämtern liegen. Sollten sich neue
Infektionsherde bilden, solle vor Ort reagiert werden. Das Kabinett
in Erfurt tagt am Dienstagmittag. Von den Koalitionspartnern, SPD und
Grüne, gab es durchaus kritische Stimmen.
Auch Sachsen kündigte eine grundlegende Änderung beim Umgang mit
Einschränkungen in der Corona-Krise an.
"Wenn die Zahl der Neuinfektionen weiterhin stabil auf einem niedrigen Niveau bleibt, planen wir für die Zeit ab dem 6. Juni in der nächsten Corona-Schutzverordnung einen Paradigmenwechsel."
Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD)
"Statt wie jetzt generell Beschränkungen zu erlassen und davon viele
Ausnahmen für das zu benennen, was wieder möglich ist, wird dann
generell alles freigegeben und nur noch das Wenige an Ausnahmen
benannt, was noch nicht möglich sein wird", erklärte Köpping. Zuvor
hatte die "Leipziger Volkszeitung" berichtet.
Söder: "fatales Signal"
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bezeichnete die
Ankündigung von weitreichenden Lockerungen in Thüringen als "fatales
Signal". Er bitte die Verantwortlichen in Thüringen darum, die
Absicht zu überdenken, sagte Söder in Nürnberg. Bayern sei vom
Infektionsgeschehen in der Nachbarschaft betroffen, sagte der
Ministerpräsident. "Wir in Bayern waren besonders betroffen dadurch,
dass wir an einer Grenzsituation zu Österreich waren. Wir haben jetzt
die aktuelle Situation, dass wir beispielsweise im Raum Coburg eben
von Sonneberg betroffen sind", sagte Söder mit Blick auf den
thüringischen Nachbar-Landkreis.
"Es darf in keinem Fall der Eindruck entstehen, die Pandemie wäre
schon vorbei", sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) der
"Bild"-Zeitung. Zwar gebe es Regionen, in denen tagelang keine
Neuinfektionen gemeldet würden. Andererseits gebe es lokale und
regionale Ausbrüche, die schnelles Eingreifen erforderlich machten.
Ramelow wies die Kritik zurück. "Ich habe nicht gesagt, dass die
Menschen sich umarmen sollen oder den Mund-Nasen-Schutz abnehmen und
sich küssen sollen", sagte er dem MDR.
Die für diesen Montag geplante Sitzung des sogenannten
Corona-Kabinetts in Berlin war nach Angaben aus Regierungskreisen vom
Bundeskanzleramt am Sonntagabend abgesagt worden. Anhängige Fragen
sollten in der regulären Sitzung des Bundeskabinetts am Mittwoch
geklärt werden, hieß es.
(lin/dpa)
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