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Single-Frau: "Ich treffe mich zum Sex, weil ich berührt werden will"

Beautiful young woman is stretching and smiling while lying in bed in the morning
Das Bett für sich allein zu haben ist nicht immer schlecht. (Symbolbild).Bild: iStockphoto / GeorgeRudy
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Single mit Anfang 30: Warum sich das Bett manchmal halbvoll anfühlt – und manchmal halbleer

"Bett halbvoll/halbleer" – die Dating-Kolumne von watson
24.11.2020, 08:59
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An einem Sonntag wache ich meist gegen 10 Uhr morgens leicht verknautscht auf. Meistens nackt. Manchmal mit dem fahlen Geschmack des vorabendlichen Biers im Mund. Neben mir schnarcht es sanft, ich spüre die körperliche Wärme meines Bettgefährten, fühle nach, wie sich sein Bauch beim Atmen hebt und senkt.

Es ist mein fünf Kilo schwerer Hund, der sich im großen Löffelchen an mich herankuschelt. Unglaublich, wie viel Platz so ein kleines Tier zwischen den Laken einnehmen kann. Andererseits ist da jetzt auch niemand, der dem Hund ernsthaft Konkurrenz machen würde.

Keinen Partner zu haben ist für viele Menschen eine Katastrophe

Ich bin der personifizierte Horror vieler Menschen, die Vorlage sämtlicher Liebeskomödien, das Vorzeigebild der modernen, emanzipierten Frau: Ich bin ein weiblicher Single Anfang 30. Ich lebe in Berlin, habe einen Vollzeit-Job, den ich sehr liebe, und eine Ein-Zimmer-Altbauwohnung, die ich noch mehr liebe. Im Supermarkt ärgere ich mich, weil die Packungen immer so groß sind und koche deswegen selten. In meinem Kühlschrank ist nie Senf, aber unter Garantie ein leicht verschimmeltes Gemüse.

"Ich bin der personifizierte Horror vieler Menschen, die Vorlage sämtlicher Liebeskomödien, das Vorzeigebild der modernen, emanzipierten Frau: Ich bin ein weiblicher Single Anfang 30."

Ich habe keine Kinder, aber einen Hund, weswegen ich in der U-Bahn von einer fremden Frau schon mal gefragt wurde, ob das mein Kinder-Ersatz sei. In meiner Freizeit mache ich Sport, treffe Freunde, und wenn die aber lieber Zeit mit ihren Partnern und Kindern verbringen wollen, lege ich mich in die Wanne, trinke Gin mit gefrorenen Beeren und singe sehr laut und sehr falsch zu sehr schlechter Musik mit.

Und, findet ihr das jetzt komisch? Oder traurig? Wenn ja, solltet ihr mal dringend eure Haltung zum Single-Leben überdenken.

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Bild: emmy lupin studio
Unsere Autorin...
... ist Single, Anfang 30 und lebt in Berlin. Bei ersten Dates wird sie regelmäßig gefragt, ob sie darüber schreiben wird. Sie antwortet dann meist: "Das hängt davon ab, ob du schon etwas ganz Großartiges im Leben gemacht hast – oder gleich etwas richtig Bescheuertes tust."

Wer keinen Partner oder Partnerin hat, bekommt von den ganzen Beziehungsmenschen da draußen manchmal den Eindruck vermittelt, man sei nicht ganz vollständig. Wie oft habe ich schon den Satz gehört: "Warum hast du eigentlich keinen Freund?" Oder: "Willst du nicht eigentlich mal Kinder haben?" Oder: "Fährst du dann etwa auch allein in den Urlaub?"

Und ja, natürlich bin ich hin und wieder einsam. Manchmal möchte ich gerne heimkommen und in den Arm genommen und gefragt werden, wie mein Tag war. Manchmal sitze ich klischeegemäß vor einer kitschigen Netflix-Serie, löffel einen halben Liter Eiscreme und heule mir die Augen aus dem Kopf. Manchmal kaufe ich lieber Tiefkühlpizza als Salat, weil ich nicht allein fünf Tage lang Grünzeug essen will. Manchmal treffe ich mich mit Menschen zum Sex – nicht nur, weil ich Sex gerne mag, sondern einfach mal wieder berührt werden möchte. Und an solchen Tagen fühlt sich mein Bett halbleer an. Auch wenn sich mein Hund alle Mühe gibt, möglichst viel Fläche einzunehmen.

Ich hätte mir mein Leben auch anders vorgestellt – na und?

Hätte man mich vor zehn Jahren gefragt, wie ich mir mein Leben Anfang 30 vorstelle, hätte ich womöglich gesagt: Partner (oder Partnerin), vielleicht verheiratet, vielleicht auch schon Kinder oder zumindest Kind. Weil das einfach der Fahrplan zu sein scheint, den auch viele meiner Freunde und Bekannten befolgen. Viele eben aber auch nicht. Weil es abseits dieses Fahrplans eben noch anderes gibt und es nicht immer nur darum geht, jemand anderen zu finden, um vollständig zu sein.

"Ich bin doch keine halbe Kugel, die verzweifelt durch die Gegend eiert und eine andere halbe Kugel braucht, um richtig ins Rollen zu kommen."

In der griechischen Mythologie gibt es die Vorstellung von "Kugelmenschen", die in zwei Hälften geteilt wurden und deren Aufgabe es nun ist, sich gegenseitig wiederzufinden. Und während die einen diese Vorstellung vielleicht ganz romantisch finden, seine passende Hälfte zu finden, die irgendwo da draußen auf einen wartet, denke ich mir: Ich bin doch keine halbe Kugel, die verzweifelt durch die Gegend eiert und eine andere halbe Kugel braucht, um richtig ins Rollen zu kommen. Mal abseits davon, dass ich als halbe Kugel auch schon eine Menge gerissen habe. Und wenn ich so denke, fühlt sich mein Bett halbvoll an.

Deswegen schreibe ich diese Kolumne: Um zu zeigen: Wir Singles sind keine Opfer, die nur glücklich werden können, wenn sie jemanden an ihrer Seite haben. Um zu zeigen, dass sich Dating andererseits manchmal doch anfühlt, als würde man sich durch die Resterampe im Klamottenladen wühlen: Wenn das Date zum Beispiel auf die harmlose Frage: "Was machst du so?" antwortet: "Frauen von hinten knallen und Gedichte schreiben." Oder wenn einem jemand sagt: "Ich kann jetzt nicht mehr so viel Zeit mit dir verbringen, weil ich mich im nächsten Jahr auf meinen Schlaf konzentrieren muss." Oder wenn man zum gefühlt hundertsten Mal hört: "Es liegt nicht an dir, es liegt an mir."

Kurz: Um zu zeigen, dass Dating Anfang 30 auch schön, traurig, nervig und manchmal auch einfach witzig ist.

Whatsapp-AGBs ändern sich: Nutzer müssen akzeptieren oder wechseln

Privatsphäre und Nutzungsbedingungen sind für die meisten Verbraucher:innen seit Beginn des Smartphone-Zeitalters ein steter Begleiter – und ein nerviger obendrein. Es gab Zeiten, da gingen Kettenbriefe auf Whatsapp oder Facebook um, die zum Widerruf der jeweiligen Dienst-AGBs aufriefen. Meist wurde die Boomer-Generation – sprich: Eltern, Tanten und Onkel – von dem Trend angesprochen. Doch im Endeffekt erreichte das Thema auch die jüngeren Generationen.

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