Den unscheinbaren Namen Budesonid trägt das Mittel, welches vor schweren Covid-19-Verläufen und Langzeitfolgen schützen könnte: Es handelt sich dabei um ein herkömmliches Asthmamittel, das laut einer Studie der Uni Oxford zu weniger schweren Symptomen nach einer Corona-Ansteckung führen könnte. Selbst Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach (SPD) lobt die Ergebnisse der Studie auf Twitter als "Game Changer".
Ursprünglich erschienen ist die Studie vergangene Woche in der Fachzeitschrift "The Lancet". Untersucht haben die Forscher im Zeitraum vom 16. Juli bis 9. Dezember 2020 insgesamt 146 erwachsene Probanden aus Großbritannien, die milde Symptome einer Covid-Erkrankung zeigten.
Die Teilnehmer wurden in zwei Gruppen unterteilt: Die einen erhielten eine herkömmliche Covid-Behandlung, beispielsweise mit Paracetamol, Ibuprofen oder Aspirin. Die anderen inhalierten zweimal täglich Budesonid (je 800 Mikrogramm), bis die Symptome abgeklungen waren. Nach 28 Tagen wurde bei allen Probanden ein Antikörpertest vorgenommen.
Von den an Covid-Erkrankten, die eine herkömmliche Behandlung erhielten, mussten zehn Personen mit schweren Corona-Symptomen ins Krankenhaus. Bei den Teilnehmern, die Budesonid erhalten haben, war es lediglich eine Person. Auch war die Genesungszeit bei Budesonid um einen Tag kürzer. Die Forscher kommen somit zu dem Ergebnis: Budesonid senkt das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf um 91 Prozent.
In seinen Tweets zu der Studie weist Lauterbach nicht nur auf die aussichtsreichen Ergebnisse der britischen Studie hin, sondern auch auf den Zusammenhang, dass Asthmapatienten überraschend häufig milde Covid-Verläufe erleben:
Auch Epidemiologe Timo Ulrichs von der Akkon-Hochschule in Berlin bestätigt gegenüber watson: "Durch Inhalation von Glucocorticoiden (zu denen Budesonid gehört, Anm. d. Red.) einen schweren Covid-19-Verlauf nach Infektion zu verhindern, wäre sehr hilfreich – gerade in der aktuellen Situation einer sich aufbauenden dritten Welle."
Bezugnehmend auf Lauterbachs Tweets könnte das Asthmaspray ein "Game changer" sein, würde es konsequent in den ersten Tagen einer Covid-19-Erkrankung angewandt und tatsächlich breit eingesetzt werden – "um schwere Verläufe und Todesfälle zu reduzieren".
Budesonid wird in der Regel bei Asthma wegen seiner antiallergenen und antientzündlichen Wirkung eingesetzt. Warum es auch bei einer Covid-19-Erkrankung hilfreich sein könnte, um schwere Verläufe zu vermeiden, erklärt Ulrichs wie folgt:
Das würde also bedeuten, dass das Asthmaspray einerseits dabei hilft, dass nicht allzu viele Viren dort andocken können, wo sie wirklich Schaden anrichten, also in der Lunge. Gleichzeitig würde keine allzu heftige Entzündung im Körper ausgelöst werden. Der Epidemiologe schlussfolgert:
Kritik an der Studie aus Großbritannien gab es unter anderem, weil die Anzahl der Probanden von 146 zu gering sei, um aussagekräftige Ergebnisse zu ermitteln. Ulrichs widerspricht dem: "Es könnten mehr Probanden sein. Aber die Daten der Studie sind aussagekräftig genug, um zunächst in einer größer angelegten klinischen Studie validiert zu werden und um dann eine breite Anwendung dieser Erkenntnis zu diskutieren."
Weiterhin verweist Ulrichs auf eine Studie, in der die Wirkung von Dexamathason auf Covid-19 untersucht wurde. Dexamathason ist, genauso wie Budesonid, ein Glucocorticoid und wird ebenfalls gegen Asthma eingesetzt. Die Studie zeigt ähnliche Ergebnisse wie die aktuelle aus Großbritannien.
Um die Wirkung des Asthmasprays weiter zu untersuchen, fordert Ulrichs: "Eine größer angelegte klinische Studie sollte unternommen werden." Darüber hinaus könnte laut des Epidemiologen eine Notfallzulassung erwogen werden für die Anwendung in der Frühphase einer Covid-19-Erkrankung.
Die Ergebnisse der Budesonid-Studie wirken zum jetzigen Zeitpunkt zumindest hoffnungsvoll: Mit dem Asthmaspray könnte ein günstiges und nebenwirkungsarmes Mittel gefunden worden sein, um schwere Covid-19-Verläufe zu vermeiden.