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Özdemir wird für Anti-AfD-Rede ausgezeichnet: "Journalismus ist kein Verbrechen":

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Der Adressat saß ganz rechts.Bild: iStockphoto/watson Montage
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"Journalismus ist kein Verbrechen": Für diese Anti-AfD-Rede wird Cem Özdemir ausgezeichnet

03.07.2019, 17:4823.07.2019, 11:07
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Es ist der 22. Februar 2018. Cem Özdemir tritt ans Pult im Plenarsaal des Bundestages und hält eine Rede, die sich gewaschen hat. Der Grüne rechnet darin mit einem Antrag der AfD ab, der darauf abzielte, den kurz zuvor aus türkischer Haft freigelassenen Journalisten Deniz Yücel zu maßregeln.

Für diese Rede wird der Grünen-Politiker nun von der Uni Tübingen ausgezeichnet. Das "Seminar für Allgemeine Rhetorik" kürt Özdemirs Auftritt zur "Rede des Jahres". Sie sei ein Plädoyer für eine offene Gesellschaft, gegen Ausgrenzung und Spaltung, hieß es von Seiten der Uni.

Die Rede von Özdemir in voller Länge:

Özdemirs Rede ging ein Antrag der AfD voraus, in dem die Fraktion Bundestag und Bundesregierung aufforderte, einen Text des deutsch-türkischen Journalisten zu missbilligen. Özdemir fand daraufhin deutliche Worte: "Man muss sich vergegenwärtigen, worüber wir heute tatsächlich reden", begann er nüchtern. "Wir reden über die Arbeit und die Artikel eines deutschen Journalisten. So etwas kennen wir sonst nur aus autoritären Ländern."

Dann bekam Özdemir Temperatur, kam in Fahrt und begann in Richtung der AfD-Abgeordneten Klartext zu sprechen:

"In unserem Land, der Bundesrepublik Deutschland, gibt es nicht die Gleichschaltung, von der Sie nachts träumen. Bei uns gibt es Pressefreiheit, ein Wort, das in Ihrem Wortschatz ganz offensichtlich nicht vorhanden ist."

Und auch für die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel, die nach Yücels Freilassung gesagt hatte, dieser sei weder Deutscher noch Journalist, hatte Özdemir noch ein paar deutliche Worte:

"Sie wollen bestimmen, wer Deutscher ist und wer nicht. Wie kann jemand, der Deutschland, unsere gemeinsame Heimat, so verachtet, bestimmen, wer Deutscher ist und wer nicht?", fragte er rhetorisch.

Und zog einen interessanten Vergleich: "Wenn Sie darüber bestimmen würden, wer Deutscher ist und wer nicht Deutscher ist, dann wäre das ungefähr so, als wenn man Rassisten an das Ausstiegstelefon für Neonazis setzen würde. Übrigens, wenn Sie die Nummer des Ausstiegstelefons für Neonazis brauchen: Ich habe sie. Ich kann sie Ihnen gern zur Verfügung stellen."

Ob sich tatsächlich im Anschluss an die imposante Rede des Grünen-Politikers ein AfD-Abgeordneter nach der Nummer erkundigt hat, ist nicht überliefert. Aber für alle Fälle sei sie an dieser Stelle noch einmal erwähnt – die Telefonnummer für ausstiegswillige Rechtsextremisten: 0221 / 792-62

(ts)

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