Am Mittwoch legt Bundesfinanzminister Olaf Scholz, SPD, die Zahlen zum neuen Haushalt vor. Aber schon vorab gibt's Ärger. Die Kombattanten wählten ein Fernduell. Scholz ließ die Eckdaten des Etats vorab schon mal durchsickern. Und erntete heftige Gegenwehr von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, CDU. Braucht Deutschland mehr Militär? Das ist der aktuelle Stand im Rüstungsstreit:
Müssen Tornado-Jets der Bundeswehr ab 2019 bei Nato-Manövern am Boden bleiben? Das ist laut Nachrichtenmagazin "Spiegel" zu befürchten. Denn vom kommenden Jahr an müssen die Kampfflugzeuge des Bündnisses über ein sogenanntes Freund-Feind-Erkennungssystem. Das wird aber knapp mit dem Einbau der IT.
Es sind Meldungen wie diese, die der Bundeswehr zu schaffen machen. Die Ausrüstung der deutschen Truppe ist veraltet. Das ist unstrittig. Strittig ist aber, wie viel in die Bundeswehr investiert werden soll. 12 Milliarden Euro bis 2021 fordert die Ministerin, 5,5 Milliarden Euro bis 2021 bietet Scholz.
Und erntete am Wochenende heftige Kritik. Von von der Leyen. Aber auch von der internationalen Presse. "Germany to miss Nato defence spending pledge", titelte die Financial Times. Deutschland verpasse das Nato-Ziel.
Als Reaktion auf die russische Annexion der Krim hatten sich die Mitgliedsstaaten des Bündnis auf dem Nato-Gipfel in Wales verpflichtet, die Verteidigungsausgaben bis 2024 auf zwei Prozent ihrer jährlichen Wirtschaftskraft festzulegen.
Außenminister Heiko Maas, SPD, bekam deshalb beim jüngsten Treffen mit den Nato-Kollegen heftige Kritik des neuen US-Außenministers Mike Pompeo zu hören. Maas konterte, es handle sich bei den zwei Prozent lediglich um ein Ziel, das angestrebt werden soll.
Das stimmt laut Beschluss. Doch beläuft sich der deutsche Wehretat derzeit auf lediglich 1,2 Prozent der Wirtschaftskraft.
Zu wenig. Mosern die Bündnispartner. Und vor allem US-Präsident Donald Trump, der mit Blick auf seine Amerika-First-Strategie findet, die europäischen Nato-Staaten sollten mehr (finanzielle) Lasten tragen.
Fazit: Scholz und von der Leyen streiten nicht allein, die Nato schaut gebannt zu.
Zur Person: Der neue Finanzminister Olaf Scholz, SPD, ist seit März im Amt. Er will beweisen, dass auch Sozialdemokraten sparsam wirtschaften können. Also hält Scholz an der Politik der "schwarzen Null" seines Vorgängers Wolfgang Schäuble, CDU, fest.
Die Taktik: Scholz macht auf sparsam. Dafür erntet er Anerkennung aus der Union. Aber Unmut aus der eigenen SPD. Dort ist das Zwei-Prozent-Rüstungsziel der Nato ohnehin umstritten. Vor allem die Partei-Linke wettert und fürchtet eine neues Wettrüsten mit Russland.
Das Motiv: Scholz kann mit seinem Sparkurs bei der Bundeswehr auf Unterstützung aus den eigenen Reihen rechnen. Und gleichzeitig die mögliche Merkel-Nachfolgerin Ursula von der Leyen von der CDU blockieren. Das passt ins eigene Kalkül: Scholz glaubt, auch er kann mehr.
Zur Person: Das Verteidigungsministerium ist eine Karrierefalle. Es gibt einfach zu viele Risiken. Ursula von der Leyen ist seit 2013 im Amt.
Die Taktik: Mit neuem Material für die Bundeswehr will sich von der Leyen Anerkennung in der Truppe verdienen. Die Umstände sind günstig. Die Kassen sind voll. Und die Nato fordert von Deutschland höhere Verteidigungsausgaben.
Vorab ließ von der Leyen schon mal sehr geschickt durchsickern, dass sie zwei Rüstungsprojekte stoppt, sollte Scholz nicht mehr Geld bieten.
Das Motiv: Die stets auf Perfektion zielende Ursula von der Leyen plagt sich mit dem Image der Musterschülerin. Eine politische Rauferei mit der SPD kommt da sehr gelegen. Zudem wird die (in Brüssel aufgewachsene) Tochter des späteren niedersächsischen CDU-Ministerpräsidenten Ernst Albrecht für höhere Jobs gehandelt: Nato-Generalsekretärin. Das Verfehlen des Zwei-Prozent-Rüstungsziels käme da ungelegen.
Die Deutschen und ihre Armee, das ist eine mehr als schwierige Beziehung. Jedenfalls keine Liebesgeschichte. Die Bundeswehr war in der Bundesrepublik (alt) zur Abschreckung da. Ebenso die Nationale Volksarmee der DDR (wenn auch mit ein bisschen mehr Wehrkundeerziehung).
Eine Armee, die nicht kämpft. Das ist auch dreißig Jahre nach der Wende noch immer die Überzeugung breiter Teile der Bevölkerung.
Das den Partnern im Ausland zu vermitteln ist schwer. Gerade auch, weil die Bundesregierungen nach 1989 nie schlüssig in der Frage von Auslandseinsätzen handelten.
Fazit: Leicht nachvollziehbar ist Deutschlands Zustimmung zu Militäreinsätzen nicht. Das Land leistet sich eine Armee, aber eher zur Abschreckung, wie derzeit im Rahmen der Nato-Ost-Mission in Litauen.
Ein verlässlicher Bündnispartner braucht verlässliches Material. Deutschland muss deshalb in die Bundeswehr investieren. Aber das Zwei-Prozent-Ziel ist überhöht. 3,2 Billionen Euro betrug Deutschlands Wirtschaftsleistung 2017. Ein Verteidigungsetat von zwei Prozent löst bei Deutschlands Nachbarn da nicht nur das Gefühl von Sicherheit aus. Deutschland sollte in eine gemeinsame europäische Sicherheitsarchitektur investieren. Und seine Softpower nutzen – wie zuletzt bei den von Angela Merkel vermittelten Friedensgesprächen zwischen Russland und der Ukraine.