Deutschland
Politik

Wer sind die Freien Wähler und was will Hubert Aiwanger?

Politik

Wer sind die Freien Wähler und was wollen die? – 3 Antworten nach der Bayernwahl

17.10.2018, 14:59
Mehr «Deutschland»

Wir wissen es ja bereits: In Bayern ist vieles ein bisschen anders, als im Rest von Deutschland. So auch in der Politik. Dort gibt es eine Partei, die nirgendwo sonst eine landespolitische Rolle spielt: die Freien Wähler. Mit denen führt die CSU am Mittwoch auch die ersten Koalitionsgespräche.

Wegen der Farben Schwarz (CSU) und Orange (Freie Wähler) wird das Bündnis für Bayern auch Tiger-Koalition genannt

Bild

Während für die Menschen in Bayern die Freien Wähler zum politischen Alltag gehören – es gibt sie seit 1978 und gerade sind rund 870 Orts- und Kreisverbände Mitglieder des Landesverbandes, drängt sich beim Rest von Deutschland nur ein großes Fragezeichen auf. Wer sind die und was wollen die? Höchste Zeit, Antworten auf die 3 wichtigsten Fragen zu geben. Schließlich ist eine Koalition mit der CSU wahrscheinlich. 

Wer sind die Freien Wähler? 

Die Freien Wähler sind ursprünglich ein Zusammenschluss freier kommunaler Wählergruppen. 

  • "Frei" deshalb, weil sie keiner Partei angehörten.
  • Unabhängige kommunale Wählergruppen gibt es in vielen Bundesländern, größere Bedeutung haben sie jedoch nur in Süddeutschland.

Wie sind die dann organisiert? 

Der Herr links ist der Chef

  • Die alles dominierende Figur der Freien Wähler ist der 47 Jahre alte Niederbayer Hubert Aiwanger aus Rottenburg an der Laaber, im bürgerlichen Beruf Agraringenieur und Ferkelzüchter.
  • Er ist in einer Person Bundesvorsitzender, Landesvorsitzender und Fraktionsvorsitzender im bayerischen Landtag. (Ein Amt, das er bald gegen Ministerwürden eintauschen dürfte. Den Anzug für die Amtseinführung hat sich Aiwanger angeblich schon vor der Wahl gekauft.)
  • Aufgrund ihrer kommunalen Herkunft sind die Freien Wähler organisatorisch nicht mit anderen Parteien vergleichbar – sie haben keinen großen Apparat, keine große Parteizentrale.
  • Der bayerische Landesverband ist die Dachorganisation der kommunalen Wählergruppen im Freistaat und hat etwa 870 Kreis- und Ortsverbände als Mitglieder – keine natürlichen Personen.
  • Da Dachverbände aber nicht bei Wahlen antreten dürfen, gibt es parallel noch eine Landesvereinigung - die Partei.

Was wollen die? 

Aiwanger schmiedet seit jeher große Pläne, 2008 gelang unter seiner Regie der Einzug in den bayerischen Landtag. Danach wollte er aus seiner Partei eine bundespolitische Alternative zur Union machen, eine Loslösung Bayerns vom Bund hat er nie gefordert. Da jedoch 2012 ein großer Teil der Freien Wähler in Baden-Württemberg gegen Aiwangers Ambitionen aufbegehrte, scheiterte der bundespolitische Plan.

Okay, über die Kampagne lässt sich streiten

Sogar in Bayern teilen bis heute längst nicht alle Freien Wähler Aiwangers Ziele, viele sehen sich nach wie vor als kommunale Kraft. CSU-Chef Horst Seehofer versuchte über Jahre, die Freien Wähler mit finanziellen Wohltaten für die bayerischen Gemeinden wieder klein zu bekommen.

Politisch stehen die Freien Wähler der CSU jedoch sehr nahe – "Fleisch vom Fleische der CSU", wie viele CSU-Abgeordnete sagen. Daher sucht Aiwanger nach Themen, mit denen er sich von der CSU absetzen kann:

  • Dazu zählt unter anderem der Widerstand gegen ein Kernstück der Energiewende: die zwei geplanten großen Stromtrassen von Nord- nach Süddeutschland. Stattdessen setzen die Freien Wähler auf lokale Selbstversorgung zur Energie aus Strom, Wasser oder Biomasse. Klingt sehr, sehr grün.
  • Aiwanger profiliert sich außerdem mit dem Widerstand gegen den Bau einer dritten Startbahn am Münchner Flughafen. Der Verzicht ist für ihn ein Essential in den Koalitionsverhandlungen mit der CSU.

In der CSU halten ihn die meisten für einen Populisten. Im Gegensatz zur CSU, die Gespräche mit der AfD ausgeschlossen hat, hatte Aiwanger angekündigt, auch mit der AfD eine konstruktive Zusammenarbeit pflegen zu wollen. 

Am Dienstag sagte er:

"Ich will mit jeder Partei reden."

Ziel müsse es sein, unter allen Parlamentariern einen Grundkonsens zu pflegen, das gelte für den Umgangston von Regierung und Opposition generell wie zur AfD im Speziellen. Aiwanger betonte, dass er notfalls auch AfD-Abgeordneten in Vieraugen-Gesprächen "ins Gewissen reden" werde, sollten diese sich daneben benehmen.

Die CSU um Ministerpräsident Markus Söder hatte im Wahlkampf im Umgang mit der AfD den Ton deutlich verschärft und ihr den Kampf angesagt. Wie mit der AfD künftig umgegangen wird, dürfte daher auch zwischen CSU und Freien Wählern für Diskussionen sorgen.

Wer ist Aiwanger? 

Hubert Aiwanger ist fast an seinem Ziel angekommen. Die Freien Wähler holten in Bayern ein Rekordergebnis. 11,6 Prozent der Stimmen qualifizieren die Partei zum Juniorpartner in einem bürgerlichen Bündnis mit der CSU von Ministerpräsident Markus Söder, die eine absolute Mehrheit weit verfehlt hat.

Da fielen wieder Phrasen, Floskeln und Entschuldigungen: 

Seit der ersten Prognose am Wahlabend ist Aiwangers Rhetorik noch kämpferischer geworden, als sie es im Wahlkampf war.

Aiwanger am Montag: 

"Wir werden uns nicht unter Wert verkaufen."

"Drei große oder fünf sehr kleine Ministerien" werde er Söder abringen, kündigt er an. Und auch in der Regierung gelte:

"Sollte hier Foul-Spiel passieren, sagen wir: Sucht euch einen Dümmeren."

Wie sieht Aiwangers Leben neben der Politik aus? 

  • Er ist Agraringenieur und zweifacher Vater. 
  • Er lebt auf einem Bauernhof bei Rottenburg an der Laaber in Niederbayern. 
  • Er geht gerne jagen. 
  • Er kann auch lange Reden komplett ohne Manuskript halten.
  • Selbst seine Kritiker halten ihn für politisch begabt - aber auch ein Stück weit für einen begabten Populisten.
  • Innerhalb der Freien Wähler werfen ihm seine Gegner einen egozentrischen, ziemlich autoritären Führungsstil vor.

(hd/dpa)

Und jetzt was zum lachen: Bayerische Politiker, die essen und trinken

1 / 8
Bayerische Politiker, die essen und trinken
Katharina Schulze, glücklich mit Eis.
quelle: instagram/katharina schulze / instagram/katharina schulze
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Alles, was ihr noch zur Bayern-Wahl wissen müsst.

Video: watson/Marius Notter

Das könnte dich auch interessieren:

Alle Storys anzeigen
"Markus Lanz": ZDF-Moderator lässt Grünen-Chef Nouripour auflaufen

Der Plan der Regierung, bis 2030 mindestens 15 Millionen E-Autos auf deutschen Straßen fahren zu lassen, wackelt. Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP hieß es: "Rahmenbedingungen und Fördermaßnahmen werden wir darauf ausrichten, dass Deutschland Leitmarkt für Elektromobilität mit mindestens 15 Millionen Elektro-Pkw im Jahr 2030 ist." Mit der Förderung allerdings ist es seit diesem Jahr aus.

Zur Story