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Haftstrafe für "Dummheit" – Urteil zu Stuttgarter Krawallnacht

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Der Angeklagte im ersten öffentlichen Prozess um die Stuttgarter Krawallnacht sitzt neben seinem Rechtsanwalt Marc Reschke in einem Saal des Amtsgerichts Stuttgart.Bild: dpa / Marijan Murat
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Haftstrafe für "Dummheit" – Urteil zu Stuttgarter Krawallnacht

10.11.2020, 16:03
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Rund fünf Monate nach der Stuttgarter Krawallnacht muss ein junger Randalierer wegen seiner Teilnahme an dem nächtlichen Gewaltausbruch ins Gefängnis. Das Amtsgericht Stuttgart verurteilte am Dienstag den 18-Jährigen aus dem württembergischen Gaildorf im ersten öffentlichen Prozess zur Krawallnacht wegen besonders schweren Landfriedensbruchs zu einer überraschend harten Jugendstrafe von zweieinhalb Jahren Haft.

Der junge Deutsche hatte zuvor vor dem Jugendschöffengericht eingeräumt, während der nächtlichen Krawalle die Heckscheibe eines Polizeiautos eingeschlagen und zwei Seitenscheiben zertrümmert zu haben. Das Urteil liegt deutlich über den Forderungen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung, die sich für eine Bewährungsstrafe ausgesprochen hatten.

Zweieinhalb Jahre Haft: Der Täter ist "entsetzt"

Anwalt Marc Reschke kündigte umgehend an, Berufung einzulegen. "Das Urteil ist nicht akzeptabel, mein Mandant ist entsetzt", sagte er. Die Tat sei zwar "eine große Dummheit" gewesen, die Strafe dafür aber unverhältnismäßig. Sie müsse nun als Richtschnur für die kommenden Verfahren zur Krawallnacht gesehen werden.

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Richter David Schenk sprach beim ersten öffentlichen Prozesses um die Stuttgarter Krawallnacht ein überraschend hartes Urteil.Bild: dpa / Marijan Murat

Dagegen betonte Gerichtssprecherin Monika Rudolph, mit dem Urteil werde keineswegs ein Exempel statuiert. Am Nachmittag sollte in Stuttgart ein weiteres Verfahren wegen der Krawallnacht beginnen. Insgesamt erwartet das Amtsgericht dazu bis zu 100 Prozesse.

Stuttgarter Krawalle sorgten bundesweit für Aufsehen

Bei den nächtlichen Auseinandersetzungen im Juni hatten Dutzende vor allem junge Männer in der Stuttgarter Innenstadt randaliert. Es wurden zahlreiche Beamte verletzt und Schaufenster zerstört. Die Vorfälle sorgten weit über Stuttgart hinaus für Schlagzeilen und hitzige Debatten. Bislang wurden rund 100 Tatverdächtige ermittelt, die in der Nacht an den Krawallen beteiligt gewesen sein sollen. Auf Handyvideos ist auch die Tat des nun angeklagten 18-Jährige deutlich zu erkennen.

Stuttgarter Jugend und die Polizei. Aufgenommen am 26.06. eine Woche nach der Krawallnacht in Stuttgart. Abendsstimmung am Eckensee und auf der Königstrasse und Schlossgarten am Freitagabend. Viele Ju ...
Im Juni kam es in der Stuttgarter Innenstadt zu Ausschreitungen – unter anderem wurden Polizisten angegriffen.Bild: www.imago-images.de / Max Kovalenko

Er habe sich in der Juni-Nacht von der aufgeheizten, grölenden Menge mitreißen lassen, sagte der junge Mann im Prozess aus. "Ich habe das gar nicht durchdacht." Erst Tage nach den Krawallen war der Auszubildende mitten in der Nacht in der Stuttgarter Innenstadt von einem Polizisten in Zivil wiedererkannt worden.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft begrüßte die Haftstrafe. "Dieses Urteil ist ein klares und deutliches Signal und wird zur Abschreckung beitragen", sagte der Landesvorsitzende Ralf Kusterer der Deutschen Presse-Agentur. "Wer Straftaten begeht, muss dafür die Härte des Gesetzes spüren." Dazu werde der Strafrahmen ausgeschöpft. Die Höhe der Strafe sei wesentlich zur Vermeidung von Gewalt und Kriminalität, sagte Kusterer.

(lau/dpa)

Militärische Reform: Was Pistorius mit der Bundeswehr plant

"Kriegstüchtigkeit" ist das erklärte Ziel für die Bundeswehr, auch wenn der Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) das Wort während seiner Pressekonferenz am Donnerstagmittag nicht mehr explizit erwähnte. Verabschiedet habe er sich von dem Wort allerdings keineswegs, betonte er auf Nachfrage eines Journalisten. "Ich verstehe, dass sich einige an dem Wort reiben", er werde es aber dennoch weiter benutzen.

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