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Chemnitz: "Hau ab! Hau ab!"-Rufe gegen Regierungschef Michael Kretschmer

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"Hau ab! Hau ab!"-Rufe gegen Regierungschef Kretschmer in Chemnitz 

31.08.2018, 07:46
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Chemnitz kommt nicht zur Ruhe. Nach mehrtägigen Krawallen in der Stadt wurde am Donnerstagabend wieder demonstriert. Dieses Mal verliefen die Proteste allerdings friedlich.

  • Am Abend versammelten sich rund 900 Demonstranten vor dem Stadion des Chemnitz FC, das rechtspopulistische "Pro Chemnitz" hatte dazu aufgerufen. 
  • Die Polizei teilte nach dem Ende der Kundgebung mit, acht Straftaten – darunter Verstöße gegen das Versammlungsgesetz und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen – registriert zu haben. Dabei handelte es sich um Verstöße gegen das Versammlungsgesetz und das Verwenden.
  • Drinnen im Stadion sprach Sachsens Ministerpräsident Kretschmer (CDU) mit Bürgern. Dort sorgten sich Bürger und der Minister vor allem um das Image der Stadt. 
  • Für das Wochenende sind erneut Kundgebungen angekündigt, sowohl von Rechtsextremen als auch von einem Bürgerbündnis, das sich unter dem Motto "Herz statt Hetze" gegen Fremdenfeindlichkeit wendet.
  • Unser Reporter Felix Huesmann war vor Ort. 

Die Ereignisse zum Nachlesen im watson-Liveticker:

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21:26
Bürgerdialog und Buh-Rufe beendet
Auch der Bürgerdialog im Stadion ist vorbei. Laut "Freie Presse" wolle Ministerpräsident Kretschmer aber auch nach dem offiziellen Ende vor Ort bleiben. Er werde weiter diskutieren, notfalls auch bis zum nächsten Morgen.
Gut anderthalb Stunden sprach der Ministerpräsident im Stadiongebäude des Chemnitzer FC mit Bürgern über die aktuellen Vorfälle, aber auch über Alltagsfragen. Rund 500 Chemnitzer folgten der Einladung der Landesregierung. Beifall und Buh-Rufe wechselten sich ab.
Viele Chemnitzer fühlten sich offenbar ungerecht behandelt. "Wir sind nicht alle Nazis", sagte beispielsweise die Krankenschwester Monika Krause. Aber die Medien hätten die Chemnitzer gleich in die rechte Ecke gestellt. "Ein pöbelnder rechter Mob ist menschenverachtend, aber die Masse bei den Demonstrationen waren normale Menschen mit Ängsten und Unsicherheit", pflichtete ihr eine Bürgerin bei.
Kretschmer verwahrt sich ebenso wie sein Ministerkollege Martin Dulig (SPD) dagegen, Chemnitz pauschal als rechts abzustempeln. "Diese Stadt ist nicht rechts, ist nicht braun", sagt der CDU-Politiker. Das Bild der Ausschreitungen von Chemnitz sei nun einmal in der Welt, "was wir jetzt tun müssen, ist dieses Bild wieder zu korrigieren", mahnt er. Chemnitzer Bürger vor Ort und Minister sorgten sich offenbar vor allem um das Image der Stadt. Das Thema Rassismus blieb Randnotiz.

20:54 Uhr – Debatte um Konzert, fehlender Bezug auf Rechtsextreme
Noch mal ein Eindruck von Kollegen:

20:33 Uhr – Debatte um Konzert am Montag
Draußen hält unser Reporter Felix die Wirrungen des Pro-Chemnitz-Vorsitzenden Martin Kohlmann fest. Drinnen berichten die Kollegen der "Freien Presse" Absurdes aus dem Sachsengespräch zwischen Ministerpräsident Kretschmer und Bürgern. Mehrfach gibt es demnach die Forderung an den CDU-Politiker, er möge das für Montag geplante Konzert mit Kraftklub absagen – da das eine Provokation "der Linksextremen" sei. Kretschmer verhaspelt sich erst, stellt dann aber klar, er wolle es nicht absagen.


20:23 Uhr – "Nicht rechtsextrem"?
Der Vorsitzende von "Pro Chemnitz" wollte sich auf Nachfrage unseres Reporters nicht einmal von knallharten Neonazis distanzieren, die am Montag mitgelaufen sind.

20:20 Uhr – Tausende Menschen in Berlin
In Berlin lief derweil eine Demo gegen Rechts, etwa 5000 Menschen fanden sich am Hermannplatz in Neukölln zusammen. Das Motto: „Ob Chemnitz oder Neukölln: Auf die Straße gegen rechte Gewalt“. ("Berliner Zeitung")



20:18 Uhr – Demo offiziell beendet – Polizei zählte rund 900 Teilnehmer
Zu der Protestkundgebung der rechtspopulistischen Bewegung Pro Chemnitz sind nach Angaben der Polizei rund 900 Menschen gekommen. Das teilte die Polizei Sachsen mit.

20:19
Sachsens Landtagspräsident für Bewerbung von Chemnitz als Kulturhauptstadt
Darauf muss man erst einmal kommen.

Sachsens Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU) will das angeschlagene Image der Stadt Chemnitz verbessern. "Ich unterstütze die Bewerbung von Chemnitz als Europäische Kulturhauptstadt 2025", sagte er am Donnerstagabend am Rande des Bürgerdialoges mit der Landesregierung in der sächsischen Stadt. Es wäre ein gutes Zeichen, wenn sich das ganze Land Sachsen da solidarisch zeigen würde. Rößlers Aussage ist ein Fingerzeig an die Stadt Dresden und ihre Bürger, die gleichfalls Ambitionen für den Titel angemeldet haben.
20:04 Uhr – "Pro Chemnitz"-Vorsitzender distanziert sich nicht von Neonazi-Partei
Der "Pro Chemnitz"-Vorsitzende Martin Kohlmann hat auf Nachfrage, wer denn seiner Meinung nach die Hitlergrüße getätigt habe geantwortet, er habe RTL in Verdacht, da mehrere Hitlergrüßer sich hinterher freundlich mit einem RTL-Team unterhalten hätten.

Darauf angesprochen, dass die Neonazi-Partei "Der III. Weg" teilgenommen habe, erwiderte Kohlmann, dass er es nicht gut gefunden hätte, dass diese mit ihren Parteisymboliken anwesend waren. Er wolle und könne aber niemanden ausschließen, sondern wolle mit jedem gemeinsam demonstrieren zu diesem gemeinsamen Anliegen. Kohlmann hat sich also auf explizite Nachfrage nicht von der Neonazi-Partei "Der III. Weg" distanziert.


19:56 Uhr – Kundgebung aufgelöst
"Pro Chemnitz" hat die Kundgebung nun aufgelöst.
19:49
NPD will auch mitspielen
Schau an. Rote Warnweste mit fettem "S". Das Symbol der "Bürgerwehren", zu denen die NPD aufgerufen hat, um "Schutzzonen" in ganz Deutschland zu schaffen.
Bild
Bild: Felix Huesmann
Hier mehr zum Thema NPD-Schutzzonen
19:41 Uhr – "Lügenpresse"-Rufe
Bei rechten Demonstranten kommt es immer wieder zu lauten "Lügenpresse"-Rufen – auch unser Reporter Felix Huesmann wird mitten im Video davon überrascht.
Die Begrüßungsrunde im Stadion ist beendet
Nun sollen die Einzelforen beginnen, wie die "Freie Presse" schreibt.
19:29
Ministerpräsident Kretschmer fordert Bürger auf, sich von Rechtsradikalen zu distanzieren
Im Stadion spricht Sachsens Ministerpräsident Kretschmer. Er fordert zu Beginn des Bürgerdialoges zu einer Schweigeminute im Gedenken an den getöteten Deutschen auf. Danach appellliert er, ehrlich zu sagen, "was wir fühlen, was uns aufregt". Er verspricht, dem Eindruck entgegenzutreten, alle Chemnitzer seien rechtsradikal. Er ruft die Chemnitzer auf, sich von Rechtsradikalen zu distanzieren. Wenn bei einer Kundgebung der Hitler-Gruß gezeigt werde, "dann ist es schlecht, dort dabei zu sein".
19:18 Uhr – Hitlergrüße "inszeniert"
Martin Kohlmann, der Vorsitzende von "Pro Chemnitz" hat die Hitlergrüße in seiner Rede "inszeniert" genannt. Auch alles, was darüber berichtet wurde, sei laut Kohlmann "inszeniert" gewesen.
Asylverfahren gegen verdächtigen Iraker läuft noch
Der nach einer tödlichen Messerattacke in Chemnitz festgenommene Iraker war nach Angaben des sächsischen Innenministerium in Deutschland nicht geduldet. Damit widersprach das Ministerium anderslautenden Meldungen in Medien. Nach den Unterlagen der Landesdirektion Sachsen sei noch ein Asylverfahren des Mannes beim Bundesamt für Migration (Bamf) anhängig. Der Iraker habe seit Oktober 2015 in Sachsen gelebt. Den ersten Antrag habe das Bamf im März 2017 als unzulässig abgelehnt. Rechtsmittel gegen diese Entscheidung seien aber erfolgreich gewesen, weshalb es ein neues Verfahren gab.
18:57
Sächsischer Innenminister nennt Lage "angespannt"
"Wir haben weiter eine angespannte Lage. Die Kollegen arbeiten aber sehr konzentriert und werden von Polizisten aus anderen Bundesländern, von der Bundespolizei und Bereitschaftspolizei unterstützt", sagte Innenminister Roland Wöller (CDU) der Deutschen Presse-Agentur.

"Es kommt nun darauf an, mit Ruhe und Besonnenheit Recht und Ordnung konsequent durchzusetzen. Wir werden nicht dulden, dass Chaoten und gewaltbereite und rechte Gewalttäter die Straßen erobern", erklärte der Minister weiter.
18:56 Uhr – Hitzige Diskussionen
Vor dem Stadion haben sich Bürger versammelt und diskutieren schon hitzig
18:35 Uhr – Und keine schlechten Bilder
Auf der Versammlung kurz vor der Kundgebung kam soeben die Durchsage, dass jeder auf seinen Nebenmann achten solle, damit es "keine schlechten Bilder" gibt. Die Leute, die den Hitlergruß machen, seien meist ohnehin eingeschleust. Daraufhin ertönten laute "Lügenpresse"-Rufe
Bild
Bild: Felix Huesmann
18:31 Uhr – Kein Hitlergruß, bitte
Ein Demo-Organisator macht die Ansage: "Nette Grüße mit dem rechten Arm gen Himmel werden heute rigoros mit Platzverweis bestraft" – gleich soll die Kundgebung beginnen.
18:13 Uhr – Eine Frau gegen Hass
Felicia Kollinger-Walter steht vor dem Stadion in Chemnitz. Sie trägt ein T-Shirt mit dem Aufdruck "Kein Hass in meinem Namen" und glaubt, dass sich viele Chemnitzer auch aus Angst nicht den Rechten stellen. Ihre Antworten im Video:
18:04 Uhr – Innenminister froh, dass Täter überführt ist
Dazu äußerte sich nun auch der Innenminister Wöller:
18:02 Uhr – Justizvollzugsbeamter mit sofortiger Wirkung suspendiert
Das Sächsische Staatsministerium hat bekannt gegeben, dass der Justizvollzugsbeamte, der den Haftbefehl geleakt haben soll, mit sofortiger Wirkung aus dem Dienst entlassen wird. Über weitere Maßnahmen werde im Verlauf bzw. Anschluss der strafrechtlichen Ermittlungen entschieden.
17:54
Polizei einsatzbereit
Ministerpräsident Kretschmer und Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig treffen zum Bürgerdialog am Stadion von Chemnitz ein. Vor der Halle, wo später eine Kundgebung des rechtspopulistischen Bündnisses "Pro Chemnitz" stattfinden soll, ist die Polizei von Bund und mehreren Ländern mit etwa 20 Mannschaftswagen aufgezogen. Von Demonstranten ist außer einigen schwarz gekleideten Ordnern dagegen bisher wenig zu sehen.
17:52 Uhr – Diese Sprachnachricht kursierte
In Whatsapp-Gruppen wurde eine Sprachnachricht verschickt, in der von "blutverschmierten Kanaken" die Rede ist. Alle Infos dazu gibt es hier.
17:33 Uhr – Großes Polizeiaufgebot
Wie viele heute bei den Demonstrationen auftauchen, ist noch unklar. Das Polizeiaufgebot ist aber schon mal größer, Hundertschaften aus mehreren Bundesländern sind in der Stadt unterwegs.


17:28 Uhr – Unser Reporter Felix ist in Chemnitz

17:20 Uhr – Justizbeamter gesteht, den Haftbefehl geleakt zu haben
Nachdem der Haftbefehl gegen die zwei Tatverdächtigen im Internet veröffentlicht wurde, hat sich nun nach BILD-Informationen der Justizbeamte Daniel Z. als Verantwortlicher gemeldet. Zu BILD sagte der 39-Jährige: "Ich habe den Haftbefehl fotografiert und weitergegeben, weil ich wollte, dass die Wahrheit und nur die Wahrheit ans Licht der Öffentlichkeit kommt.“

Er habe wissen wollen, was wirklich passiert sei und dann den Haftbefehl, der kurz nach Auslieferung noch im Zugangsbereich lag, abfotografiert. 24 Stunden später verschickte er nach eigenen Angaben das Foto per Handy an Kollegen aus der Justiz, Freunde des Tatopfers und die rechte Gruppierung „Pro Chemnitz“. Daniel Z. melde sich jetzt, da er nicht wolle, dass noch "weitere Leute verfolgt" würden. Das Dokument war unter anderem von Pegida-Mitgründer Lutz Bachmann und einem AfD-Kreisverband verbreitet worden.
16:49 Uhr – Polizei in Chemnitz bekommt bald Verstärkung aus Baden-Württemberg
Die Polizei in Chemnitz bekommt Verstärkung aus Baden-Württemberg. Der sächsische Innenminister habe ihn angerufen und um Unterstützung gebeten, sagte Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. "Wenn es darum geht, den Rechtsstaat durchzusetzen, dann unterstützen wir natürlich die Kolleginnen und Kollegen in Sachsen und auch die sächsische Landesregierung." Baden-Württemberg werde mindestens eine Einsatzhundertschaft am 1. September nach Sachsen schicken, da dort erneut Demonstrationen geplant seien. Auch spezielle Fahrzeuge wie Wasserwerfer würden geschickt.

Nach Angaben der Chemnitzer Polizei sind bereits an diesem Donnerstag bei einer weiteren Demonstration neben eigenen Beamten auch Kollegen der Bundespolizei sowie der Bereitschaftspolizeien Sachsen, Sachsen-Anhalt, Bayern, Berlin, Hessen und Thüringen im Einsatz.
Die Hintergründe zu den Geschehnissen von Chemnitz in Kürze:
Am Sonntag war in Chemnitz ein 35 Jahre alter Mann durch Messerstiche getötet worden. Ein Iraker und ein Syrer sitzen als Tatverdächtige in Untersuchungshaft. Nach der Tat zogen überwiegend rechte Demonstranten durch die Stadt. In diesem Rahmen kam es zu mehren Angriffen auf Menschen mit anderer Hautfarbe. Anschließend war der Haftbefehl gegen einen der Verdächtigen samt all seiner Daten im Internet aufgetaucht.
AfD im Bundestag: Mehr als 100 Rechtsextreme haben Zugang zum Parlament

Neonazis, Identitäre und Burschenschafter: Die AfD pflegt fragwürdige Verbindungen zur rechten Szene. Seit Jahren wehrt sich die Partei dagegen, vom Verfassungsschutz als gesichert extremistische Bewegung eingestuft zu werden.

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