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Digitalpakt: Warum Bund und Ländern keinen Weg für Computer an den Schulen finden.

Commodore Amiga 2000 PC from 1980s
Bild: iStockphoto/kollage
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Warum Schüler weiter kein besseres WiFi bekommen – ein Scheitern in 3 Akten

04.12.2018, 17:43
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Peter Altmaier hat eine Vision. Wenn er einmal alt sei, sagte er auf dem gerade laufenden Digitalgipfel in Nürnberg, dann wolle er einen "Personal Buttler".

Das Thema des Gipfels lautet "Künstliche Intelligenz" und deshalb führte der Wirtschaftsminister unter einigen Lachern aus: Wenn er einmal mit Arthrose in den Knien daheim hocken müsse, dann solle ihm doch wenigstens ein Roboter das Bier aus dem Kühlschrank holen.

Für so einen Roboter wird Altmaier ziemlich schlaue Köpfe brauchen. Menschen also, die von Kindesbeinen an den richtigen Umgang mit Technologie gelernt haben. Wer sonst soll den Buttler bauen, ihn ordentlich programmieren und updaten, ihm die deutsche Sprache beibringen, oder ihn reparieren, wenn mal etwas kaputt ist?

Beim Digitalgipfel vor zwei Jahren in Saarbrücken hieß das Thema deshalb noch "Lernen und Handeln in der digitalen Welt". Seitdem streiten Bund und Länder aber darüber, wie dieses "Lernen und Handeln" denn nun genau bezahlt werden soll.

Die Bundesregierung hat nun einige Fortschritte in dieser Frage gemacht: Für die Kanzlerin ist das Internet heute kein "Neuland" mehr, sondern "noch nicht durchschrittenes Terrain". Immerhin. Und auch in der Frage nach einer besseren Ausstattung der Schulen mit Tech haben sie sich im Bund geeinigt.

Vergangene Woche sah es deshalb nach einem ersten Durchbruch aus, aber jetzt kommt es eben doch anders. Ein Drama in 3 Akten.

Mehr Geld für die Schulen

Seit Jahren fordern Bildungsexperten, dass Schulen endlich besser ans Netz angeschlossen werden müssen:

Jörg Dräger von der Bertelsmann-Stiftung etwa sagt:

"Ein Drittel der deutschen Berufsschulen ist gar nicht vernetzt. Ein Drittel hat einen Netzanschluss, mit dem die Schüler E-Mails lesen, aber kein Video anschauen können. Was für eine wahnsinnige Zahl ist das? Diese Schulen sollen junge Erwachsene berufsqualifizierend ausbilden, für das digitale Zeitalter."

Und tatsächlich: Die Parteien in Berlin erhörten die Experten. Sie haben den "Digitalpakt" auf den Weg gebracht.

  • Mit seiner Hilfe sollen in den kommenden fünf Jahren rund fünf Milliarden Euro an die Schulen überwiesen werden.
  • Das macht rund 25.000 Euro pro Schule in Deutschland für WiFi, Tablets und Notebooks. 

Das wäre ein erster Schritt, aber es gibt Probleme. Denn, weil "Bildung" in die Zuständigkeit der Bundesländer fällt, muss das Grundgesetz erst geändert werden, bevor Geld aus Berlin fließen kann. So will es das Kooperationsverbot.

Im Bundestag gab es dazu nach langen Verhandlungen die nötige Mehrheit. Dort stimmten die Politiker für den Digitalpakt und auch aus den Ländern signalisierten die Minister Zustimmung. 

Wenn am Donnerstag aber über den "Pakt" im Bundesrat abgestimmt werden soll, könnte er trotzdem scheitern.

Widerstand der wichtigsten Landesfürsten

Per Zeitungsartikel meldeten sich am Sonntag plötzlich fünf Ministerpräsidenten zu Wort. Zu ihnen gehören Armin Laschet, Volker Bouffier, Markus Söder, Michael Kretschmer (alle von der Union) und ein Grüner: Winfried Kretschmann. Sie repräsentieren die fünf größten Bundesländer und wollen jetzt eben doch nicht.

Die so lange geplante Grundgesetzänderung ist für sie kurz vor der Unterzeichnung ein "Einfallstor für die Einflussmöglichkeiten des Bundes in der Bildungspolitik"  – kurzum: Nein, man wolle sich nicht von Berlin aus steuern lassen. Aber dazu gleich mehr.

Nun braucht es im Bundesrat eine Zweidrittel-Mehrheit, um das Grundgesetz zu ändern. Bleiben die Landesfürsten bei ihrer Meinung, wird es erst einmal nichts damit.

Vermutlich wird der "Digitalpakt" dann von der Tagesordnung der Bundesratssitzung verschwinden und/oder erst einmal in der Vermittlungsausschuss gehen. Dort würde dann nachverhandelt. Hieße: Es wird erneut ganz schön lange dauern, bis etwas passiert.

Wieso, weshalb, warum?

Hinter all dem steckt die klassische Machtfrage zwischen Bund und Ländern. Die Minister würden das Geld des Bundes lieber über die gemeinsame Steuerabrechnung bekommen. Dann könnten sie selbst entscheiden, was sie damit machen. 

Das Geld für die Schulen, so die Sorge, könnte nur ein erstes Beispiel für direkte Investitionen des Bundes an den Landesherren vorbei sein.

Da haben Laschet und Co. schlicht keine Lust drauf, weil sie ein ordentliches Stück Souveränität einbüßen würden. Mit dem Thema "Bildung" an sich hat das gar nichts zu tun.

Peter Altmaier wird das alles ärgern, denn wenn Angela Merkel bald nicht mehr im Amt ist, könnte er seinen Robo-Buttler schneller brauchen, als ihm lieb ist.

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