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Felix Lobrechts und Tommi Schmitts Podcast "Gemischtes Hack": Der Kult ist real

Wie der Podcast "Gemischtes Hack" seinen eigenen Kult schuf

Montage: imago/instagram/a.m.tommi.schmitt
23.11.2018, 12:5018.12.2018, 13:50
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Özil geht, der Hambacher Forst bleibt, Chemnitz schreckt auf – 2018 war turbulent. Auch für uns: watson.de startete im März. Auf einige Geschichten sind wir seitdem besonders stolz. Wie auf diese hier:

Roh ist gemischtes Hack fast schon schauderhaft. Dieser Pulk an fettigen Schwein- und Rind-Würmern. Weiß man es jedoch  richtig zuzubereiten, kann es eine Offenbarung sein.

So verhält es sich mit dem Erfolgspodcast "Gemischtes Hack". Nicht nur jedem mit Näschen für intelligenten Stumpfsinn sei dieses Geschwätz von Comedian Felix Lobrecht und Autor Tommi Schmitt ans Herz gelegt. Medienhäuser und Fernsehanstalten sollten sich genau anschauen, wie die beiden 2018 Unterhaltung interpretieren. Und wie sie den allseits gehegten Traum “Community” verwirklicht haben. 

Die erste Folge "Gemischtes Hack":

Der Erfolg (nach eigenen Angaben 200.000 Zuhörer pro Folge) liegt in erster Linie an dem überraschend witzigen Zusammenspiel zweier, die aus komplett entfernten Lebensrealitäten stammen.

Felix Lobrecht und Tommi Schmitt:

Felix Lobrecht ist die Art von Einhörnern, die alle paar Jahre ein komplettes Genre beleben. Als blonder Atze in Neukölln aufgewachsen: ohne Mutter, Probleme in der Schule, durch den Zivildienst resozialisiert. Über das Politik-Studium in Marburg hat er schließlich die Berufung im geschriebenen Wort und auf der Bühne gefunden. Zunächst aufgepumpt im Unterhemd und Boxer-Schnitt beim Poetry Slam, später als Stand-Up-Comedian mit Nasenpiercing und Gucci-T-Shirt vor 1.000er-Publikum. Gerade hat er den Comedy-Preis als bester Newcomer gewonnen.

19.10.17, Bayreuth, Das Zentrum, Felix Lobrecht - Kenn ick 2017, Foto: Felix Lobrecht *** 19 10 17 Bayreuth the Center Felix Kenn ick 2017 Photo Felix Copyright: HMBxMedia/xMatthiasxKimpel
Felix Lobrecht beim Auftritt seines Bühnenprogramms "Kenn Ick" in Bayreuth.Bild: imago stock&people/Matthias Kimpel

Der 29-Jährige ist durch und durch Straße und Rap. Jede Hack-Folge startet er mit einem Gangstarap-Zitat. Seine besten Sprüche sind eigentlich Punchlines ("Stonehenge rückbauen!"). Kurze, smarte Ansagen, die er sich mit einer gesunden Kelle Großspurigkeit herausnimmt.  

Wenn er im Podcast erzählt, dass er sich mit 15 vornahm, bis 30 Millionär zu sein, dann wird vielen deutschen Hörern vermutlich die fehlende Bescheidenheit aufstoßen. Oder man kann einfach mal verstehen, dass Wohlstand die größte Triebfeder ist, wenn man wie Lobrecht in Armut aufgewachsen ist. Am Besten aber man hört ganz genau zu, wenn er unverkrampft über Integration und Deutschland-Trikots spricht.

Felix Lobrecht über Lehrer in der stabilen Seitenlage:

Tommi Schmitt ist komplett anders sozialisiert: Er ist Arztsohn aus Detmold in Ostwestfalen, was man an seinem wunderbar nöligen Akzent erkennt. Er studierte Journalismus, schrieb während seines Studiums Gags für den Stand-Up bei TV Total und wurde schließlich Comedy-Autor in Köln. 

Tommi Schmitt bei der Arbeit.

Schmitt ist eigentlich der genaue Beobachter im Hintergrund, der jedes deutsche Klischee mit einem originellen Twist lustig aufgreift. Anders als Autoren-Kollegen wie Micky Beisenherz, Sophie Passmann oder Florentin Will suchte er nicht den Weg ins Rampenlicht, stattdessen hat ihn Lobrecht zur Bühne überredet. 

Auf den ersten Blick ist es ein Wunder, dass die beiden sich gefunden haben. Was sie verbindet, ist ihr Humor, und der ist so richtig dunkel.

Gemischtes Hack ist das Gespräch zweier Typen, die sich in ihren Theorien intellektuell hochschaukeln und aus jedem noch so kleinen Lebenswinkel das Lustige herauspressen.

So fordern sie, Hunden normale Menschennamen wie Andreas oder Vanessa zu geben, kritisieren das Konzept des Badens oder das unnötig bedrohliche Wording auf den Briefen deutscher Behörden. Oder sie hassen einfach Dänemark.

Das klingt zwar alles fies, ist aber eigentlich nur würzige Unterhaltung zweier Profis. Die übrigens niemand hören muss, der nicht die Geschmacksnerven dafür hat. 

So wie die Rheinische Post.

Immer wieder loten sie die Grenzen des guten Geschmacks aus. Und das Publikum ist ihnen dafür dankbar, dass sie es transparent machen. Nach der Aufregung über das Küblböck-Verschwinden sprachen sie darüber, ob man Witze darüber machen könne. Das Ergebnis: Es wäre zu einfach, sich über Küblböck lustig zu machen, man würde ja auch nicht über ein totes Reh nochmal drüber fahren.

Wenn sie dann doch den Bogen überspannen, und ihnen ein geschmackloser Anis-Amri-Weihnachstmarkt-Witz entgleitet, dann entschuldigen sie sich sofort.

Was den Konsum von Gemischtes Hack so unbedenklich macht, ist ihr moralischer Kompass. Fernab der Ironie nehmen Lobrecht und Schmitt sehr häufig ganz klare, völlig humorbefreite Positionen ein: Gegen übermäßigen Fleischkonsum, für die Umwelt und gegen jede Art von Extremismus, sei es von links oder rechts. 

Und sie nehmen sich selber aufs Korn, teilen ihre Unsicherheiten mit, aber auch genauso ihre Großspurigkeit. 

Gemischtes Hack auf der Bühne:

Sie fühlen sich zwar cooler als andere, doch dabei sind sie inklusiv. Damit haben eine fast schon militante Gefolgschaft aufgebaut, von Leuten, die gleichermaßen gesunde Portionen Hass und Humor in sich tragen. Und die progressiv nach vorne blicken: Die "Hackis".

So geben sie in jeder Sendung Life-Hacks mit, die sie auch über Instagram von Hackis zugeschickt bekommen. Diese haben mittlerweile eine Instagram-Seite aufgesetzt, die alle Life-Hacks sammelt:

Sie küren in jeder Folge underrated und overrated Hack, für Dinge, die im Alltag zu wenig oder zu viel gewürdigt werden. 

Underrated Hack ist da für Lobrecht zum Beispiel der Atemreflex, overrated Hack für Schmitt der Hilfe-Button am Computer. Folgegespräch: 

Lobrecht: "Kennst du noch bei Microsoft Word diese Klammer, die einem dann geholfen hat?"

Schmitt: "Jo, die saß letztens beim Promi-Dinner."

Ohne Rücksicht auf Verluste auf das Neu-Publikum werden Insider rausgefeuert und wenn ein Format zu "verkopft" war, eben wieder begraben. Das schafft Identifikation bei einer Generation, die selber im Zweifel Schwierigkeiten hat, Dinge zu Ende zu bringen. Dabei aber gerne was zu lachen hat.

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