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Osterurlaub: Wie Corona den "Vanlife"-Trend bei jungen Leuten befeuert

Beautiful young couple sitting in a camper van on a summer day
Vom Spießerimage zum Insta-Hit: Wohnwagen werden zunehmend von jungen Leuten gebucht.Bild: iStockphoto / Halfpoint
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"Zu 70 Prozent ausgebucht": Junge Menschen steigen zu Ostern auf den Wohnwagen um

13.03.2021, 14:2613.03.2021, 15:45
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Urlaub im Wohnwagen: Das erinnerte früher an Mittagsruhe auf Campingplätzen und Klos mit Chemieduftnote. Doch nicht nur Instagram hat das "Vanlife" mit Bilder von offenen Schiebetüren an glasklaren Seen von seinem verstaubten Klischee befreit. Auch Corona hat einiges dazu beigetragen.

Viele Menschen sind vergangenes Jahr auf Urlaub in Wohnwägen, Bullis und umgebaute Transporter umgestiegen, ganz besonders junge Leute. Und die Tendenz ist auch zum kommenden Osterurlaub 2021 steigend.

Das ist nur logisch, schließlich ist immer noch unklar, ob und wie der Urlaub stattfinden kann. Denn während Reiseveranstalter Tui bereits ankündigte, Touristen über Ostern wieder nach Mallorca auszufliegen zu wollen, geben sich Politiker eher zurückhaltend, was die Reisemöglichkeiten im April angeht. Zu unklar ist die Entwicklung der Inzidenzzahlen und damit verbundenen Lockdown-Öffnungen.

Vermieter berichtet von Oster-Run auf Wohnwagen

Drohende Stornierungen und Reisebeschränkungen sind aber nicht gerade das richtige Mittel, um so richtig in Urlaubsstimmung zu kommen. Was wohl zu den steigenden Camper-Buchungen führt, wie Tim Frärks im Gespräch mit watson vermutet. Er ist Gründer der Wohnwagen-Vermietung "Camplust" und berichtet: "Wir haben momentan viele Buchungen von Leuten, die sagen: 'Ich würde eigentlich gerne nach Mecklenburg-Vorpommern, aber wenn es nicht geht, dann woandershin.' Für die ist ein Wohnwagen ideal, weil man die Route jeden Tag ändern kann und nicht auf Beherbergungsverbote und ähnliches Rücksicht nehmen muss."

So wie Laura Rothauge. Die 28-Jährige aus Hessen besitzt selbst einen VW-Bulli und ist großer Fan der damit verbundenen Freiheit, gerade in der Pandemie: "Egal ob Corona oder nicht – die Vorteile liegen einfach darin, dass man total flexibel ist", sagt sie zu watson. "So konnte ich zum Beispiel vergangenes Jahr meine Freundin super spontan in St. Peter-Ording besuchen, ohne ein Zimmer buchen zu müssen. Und weil alle Campingplätze belegt waren, habe ich auf einem Parkplatz direkt in Meernähe genächtigt."

Bulli Passion, Instagram, Laura R. (28) aus Hessen liebt ihren umgebauten VW-Bus
Laura Rothauge mit ihrem VW-Bus.Bild: www.instagram.com/bulli.passion / privat

An Ostern wünschen sich viele eben jene Spontanität, von der Rothauge schwärmt. Zwar hätte es zuerst weniger Miet-Anfragen als sonst für die Osterzeit gegeben, berichtet Tim Frärks aus seinem Betrieb. "Das zieht jetzt allerdings gerade enorm an. Wir sind inzwischen zu fast 70 Prozent über Ostern ausgebucht, das passierte in kürzester Zeit. Man erkennt, dass die Menschen offenbar abgewartet haben und jetzt besser einschätzen können, wie es in drei Wochen aussieht."

Er rät daher, sich bei der Buchung zu beeilen, "denn wenn morgen die Nachricht kommt, dass alle Campingplätze über Ostern aufmachen dürfen, sind schnell alle Autos weg. Momentan ist da einfach Tempo drin." Auch für Pfingsten und Sommer seien seine Camper schon gut angefragt.

Corona verschärft den Camping-Trend "Vanlife"

Der 27-Jährige ist selbst leidenschaftlicher Camper und damit unter seinen Altersgenossen nicht alleine. "Gerade junge Leute mieten sich jetzt Wohnwagen, auch über private Vermietungen, oder kaufen sich alte Transporter, die sie dann umbauen, das scheint wirklich mehr zu werden", sagt er. Die größeren Mietmodelle seien zwar teurer und damit oft erst für Kunden ab 25 Jahre interessant, aber auch die jüngeren zeigten "immer größeres Interesse an Campern".

Tim Frärks auf einem seiner Camper

Rothauge, die auf Instagram als "Bulli Passion" unterwegs ist, kaufte sich ihren T3 "Knut" schon im Januar 2019 selbst. Aber nicht jeder Mittzwanziger kann sich ein Auto leisten. Viele wollen erst einmal über Mietautos testen, ob das "Vanlife" überhaupt zu ihnen passt. Die landen dann bei Frärks – und es werden immer mehr: "Instagram und Youtube haben in den vergangenen Jahren dieses Vanlife-Feeling unter Millennials befeuert, aber Corona hat diesen Trend nochmal auf die Spitze getrieben", sagt er. "Bei den so oft wechselnden Verboten und Einschränkungen hilft es, flexibel zu sein."

Der Camper als Schlupfloch des Beherbergungsverbots

Flexibilität ist dieses Jahr auch notwendig. Das scheinen die Kunden zu wissen und buchen vor allem Modelle, die maximal unabhängig machen, bemerkt er weiter: "Es zeigt sich, dass dieses Jahr die großen Modelle mit eigenen Toiletten und Küchen besonders beliebt sind. Wir glauben, das liegt daran, dass man nicht auf den Campingplatz gehen muss, das hat sicher auch mit Corona zu tun. Mit denen kann man besser wild parken und ein paar Tage in der Einöde verbringen, wenn sonst nichts geht."

Auch Rothauge sieht hier den größten Nutzen, solange Corona den Tourismus erschwert: "Einen Camper zu haben, ist in Zeiten von Corona hauptsächlich praktisch, weil man trotzdem überall übernachten kann. Auch jetzt, wo Hotels für Urlauber gesperrt sind, kann ich so wenigstens die schönen Fleckchen Deutschlands erkunden."

Ins Ausland trauen sich die Leute 2021 noch nicht

Eine weitere Entwicklung, die Tim Frärks bemerkt, ist, dass die Urlauber dieses Jahr eher nach Usedom als Ungarn fahren: "Die Kunden erzählen mir gerne, was sie so vorhaben, daher weiß ich recht genau, dass die Leute dieses Jahr wohl im Land bleiben wollen. Bestimmt 90 Prozent der derzeitigen Buchungen beziehen sich auf Inlands-Routen", weiß er.

Vergangenes Jahr sei das noch anders gewesen, "da haben sich etwa die Hälfte der Fahrer auf den Weg ins Ausland gemacht, Frankreich oder Italien waren sehr beliebte Ziele. Ich denke, viele werden nun vorerst in Deutschland bleiben, um sicherzugehen, dass sie nicht am Ende noch in Quarantäne müssen."

Laura Rothauge ist dafür das beste Beispiel, auch sie wird die Grenzen nicht überqueren, zumindest jetzt noch nicht. "An Ostern ist auf jeden Fall geplant, wegzufahren, wohin genau, steht allerdings noch nicht ganz fest", sagt sie. "Durch Corona wird es sich auf Deutschland belaufen, eventuell zum Klettern in die Sächsische Schweiz." Dank ihres Bullis kann sie das ja noch im letzten Moment entscheiden: "Ich bin da flexibel."

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