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Klopapier: Dm-Chef berichtet, warum Regale immer noch öfter leer sind

03.04.2020, Berlin, GER - Toilettenpapier ist in einer Drogerie ausverkauft. Alltag, Angebot, ausverkauft, Berlin, Coronaepidemie, Coronainfektion, Coronapandemie, Coronavirus, Covid 19, Covid-19, deu ...
Wie ihr seht, seht ihr nix: Klopapier ist alle. Bild: imago images / Frank Sorge
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Klopapier: Mit diesen Problemen kämpfen jetzt die Hersteller

Corona und Klopapier werden wir nie wieder getrennt voneinander denken. Die Nachfrage ist gigantisch, die Hersteller stehen vor großen Problemen. Sie kommen mit der Produktion nicht hinterher – aber können keine Überproduktion riskieren.
15.04.2020, 16:17
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Eines ist sicher: Die Corona-Krise wird ins kollektiven Gedächtnis des Westens auch als Klopapier-Krise eingehen. Seit Beginn der Pandemie ist der Hygieneartikel so begehrt, dass er zwischenzeitlich als "weißes Gold" beschrieben worden ist.

Bilder von leergehamsterten Supermarktregalen waren mit die ersten, die von dem heranziehenden Corona-Sturm kündeten. Manche Läden versuchen inzwischen, ihren Warenvorrat mit kreativer Preispolitik zu schützen. Andere behelfen sich mit Verkaufsbeschränkungen. Eine Packung pro Haushalt verkauft etwa ein Supermarkt im Berliner Stadtteil Friedrichshain. Ein hastig durchgestrichenes "pro Kunde", zeigt, wie findig manche Haushalte diese erste Abgabebarriere umgingen.

Wieder andere Betriebe wollen mit Klopapier-Torten ihr Geschäft retten, wie unlängst ein Eiskonditor aus Rastatt bewies. Pino Cimino bot seinen Kunden und Kundinnen Eistorten in Form einer Klopapier-Rolle an und staunte dann über den Absatz: "Es wird immer mehr, es ist kein Halten."

06.04.2020, Baden-Württemberg, Rastatt: Der Eiskonditor Pino Cimino zeigt in seiner Eisdiele Eistorten in Form von Toilettenpapier-Rollen. Die Torten können nur telefonisch bestellt und von den Kunden ...
Der Eiskonditor Pino Cimino zeigt in seiner Eisdiele Eistorten in Form von Toilettenpapier-Rollen.Bild: dpa / Uli Deck

Von den ungezählten Memes und Quotecards auf Instagram und in anderen sozialen Netzwerken wollen wir an dieser Stelle gar nicht erst anfangen. Coronavirus und Klopapier, Klopapier und Coronavirus: Schwer vorstellbar, dass das eine nochmal ohne das andere gedacht werden wird.

Es geht ums Geschäft

Die Hersteller dieses neuen "weißen Goldes", Unternehmen wie Essity, Hakle oder Fripa, haben ihre Produktion deutlich hochgefahren, um der gestiegenen Nachfrage Herr zu werden.

Trotzdem gibt es noch immer teilweise leere Regale in den Supermärkten und Drogerien. Der Chef der Drogeriemarkt-Kette Dm, Christoph Werner, erklärte das in einem Instagram-Interview mit dem "Handelsblatt" am Mittwoch mit zwei Problemen: Die Nachfrage steigt, weil die Menschen zu Hause und "nicht mehr woanders auf die Toilette gehen".

Um zum anderen führten leere Regale zu weiteren Hamsterkäufen. Durch die Hamsterkäufe seien sogar die Lagerbestände aufgebraucht worden, die sonst als Puffer dienten, erklärt Werner.

Das bekommen die Hersteller zu spüren. Bei Hakle etwa stehen die Mitarbeiter in fünf Schichten an den Maschinen, sieben Tage in der Woche, 24 Stunden am Tag. Wie die "Welt" berichtet, hat der Hersteller sogar acht zusätzliche Mitarbeiter eingestellt.

Wie sehr die hygienepapierproduzierende Industrie unter Druck steht, lässt sich auch daran ablesen, dass mancherorts nicht einmal Zeit ist, Presseanfragen zu beantworten. Ein Papierproduzent ließ watson, mit der Bitte um Verständnis, auf Nachfrage wissen: "In der aktuellen Situation werden alle Ressourcen benötigt, um das Tagesgeschäft zu meistern." Ausführliche Antwort unmöglich, es geht in vielerlei Hinsicht ums Geschäft.

Doch warum ausgerechnet Klopapier? Was macht ein scheinbar sehr banales Produkt zur Mangelware?

Die Probleme der Klopapier-Industrie

Das liegt einerseits daran, dass sich Produktionskapazitäten für Klopapier nicht beliebig steigern lassen. Die Bauzeit für eine entsprechende Anlage liegt bei über einem Jahr; gut möglich – ja wahrscheinlich – also, dass die Krise längst ausgestanden ist, bis so eine Klopapiermaschine überhaupt in Betrieb gehen kann.

Und weil absehbar ist, dass die Nachfrage eines Tages wieder sinken wird, wollen Unternehmen auch keine neuen Anlagen bauen. Wer soll das ganze Papier dann kaufen, und vor allem so schnell, wie das aktuell der Fall ist?

Dm-Chef Werner machte im Instagram-Interview mit dem "Handelsblatt" deutlich: "Irgendwann sagen sich die Leute: 'Jetzt hab' ich genug, jetzt wird verbraucht.'" Seine Filialen wüssten dann nicht, wohin mit dem Papier. Dm agiere daher zurückhaltend bei den Bestellungen: "Mit einem Fuß auf dem Gas, mit dem anderen auf der Bremse", erklärte Werner.

ARCHIV - 18.03.2020, Nordrhein-Westfalen, Siegen: Ein Mann trägt eingekauftes Toilettenpapier und Küchenrollen aus einem Supermarkt. Der Verkauf von Toilettenpapier ist in der vergangenen Woche drasti ...
Wird eines Tages der ausgerottet sein: der Klopapierhamster.Bild: dpa / Rene Traut

Und was ist mit bestehenden Produktionskapazitäten? Als im Zweiten Weltkrieg die Wehrmacht die Rote Armee zu überrennen drohte, da ließ Diktator Stalin Panzer in Traktorenfabriken bauen. Müssten sich nicht auch Papiermaschinen umstellen lassen? Planziel Klopapier statt Druckerpapier, Genossen?

Laut einem Bericht der "Rheinischen Post" geht das tatsächlich nicht. "Wir können die Lager räumen, zusätzliche Lkw bestellen und die Maschinen ein bisschen mehr auf Verschleiß fahren", sagte Gregor Andreas Geiger, Kommunikationschef des Verbandes der deutschen Papierfabriken, der Zeitung. Mehr sei nicht drin.

Die Lieferketten scheinen übrigens intakt zu sein. Zellstoff ist noch immer in ausreichenden Mengen vorhanden, der Handel wird weiter beliefert werden. "Es gibt keine Knappheit", sagte Hakle-Chef Volker Jung der "Welt".

Vielleicht hat sich die Klopapier-Krise inzwischen aber auch schon erledigt. Das Statistische Bundesamt meldete am 8. April, dass der Verkauf von Klopapier in der vergangenen Woche drastisch zurückgegangen sei. Erstmals seit Beginn der Corona-Krise habe er unter dem Durchschnittswert der vorausgegangenen sechs Monate gelegen.

Es scheint, als seien die Lager in deutschen Haushalten voll. Jetzt kann verbraucht werden.

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