Mittlerweile dürfte so ziemlich jeder Bürger in Deutschland zumindest den Namen des Robert-Koch-Instituts (RKI) gehört haben. Die deutsche Bundesoberbehörde für Infektionskrankheiten ist seit Ausbruch der Corona-Pandemie dauerpräsent und versorgt uns täglich mit neuen Informationen über Covid-19.
Dazu zählen auch Zahlen von Infizierten und Toten in der Bundesrepublik. Die Empfehlungen des Instituts sind die Richtlinien für die Entscheidungen der Bundesregierung. Doch die Kritik an der Behörde wächst dieser Tage.
So gab es zuletzt immer wieder Verwirrung bei den Fallzahlen des RKI: Die Coronavirus-Infektions- und Todesfallzahlen des Robert-Koch-Instituts unterschieden sich zu denen der Johns-Hopkins-Universität. Am Freitag etwa gab es in Deutschland laut RKI 42.288 Infizierte und 253 Tote. Laut Johns-Hopkins-Universität lag die Zahl bei 49.344 Infizierten und 304 Toten.
Die unterschiedlichen Zahlen von RKI und der Johns-Hopkins-Universität seien darauf zurückzuführen, dass verschiedene Datensätze verwendet werden, berichtete unter anderem der Deutschlandfunk. Das Robert-Koch-Institut beziehe sich auf offizielle Meldungen der Gesundheitsämter und der zuständigen Ministerien der Bundesländer.
Die Daten der Johns-Hopkins-Universität stammen von der Weltgesundheitsorganisation WHO sowie von nationalen Einrichtungen und Berichten von lokalen Medien. Das Problem des RKI: Die Meldungen der Ämter laufen etwas verzögert ein.
Ein weiterer Kritikpunkt spielt da mit rein: RKI-Leiter Lothar Wieler zeigte sich am Montag vorsichtig optimistisch, dass sich die Ausbreitung des Coronavirus etwas verlangsame und sich damit der Anstieg der Coronavirus-Fälle in Deutschland leicht abschwäche.
Wieler sagte, er sehe einen Trend, dass die "Wachstumskurve etwas abflacht". Eine definitive Bewertung sei laut Wieler aber erst am Mittwoch möglich. Am Mittwoch machte Wieler dann deutlich: "Wir sind am Anfang der Epidemie." Die Zahl der gemeldeten Fälle steige weiter an.
Der renommierte Virologe Alexander Kekulé, der täglich im MDR-Podcast "Kekulés Corona-Kompass" als Fachmann die Bundesbürger über die Pandemie informiert, kritisierte am Freitag: "Es war zu optimistisch, dass das Robert-Koch-Institut am Montag schon einen ersten Effekt gesehen hat."
Laut Kekulé kann man die Auswirkungen des "Beinahe-Lockdowns" noch nicht sehen, "weil das viel zu kurz ist". Kekulé weiter: "Da müssen wir noch mindestens fünf Tage warten bis man einen deutlichen Effekt sieht". Der Virologe fügte jedoch hinzu, dass er optimistisch sei, dass dies geschehe.
Dass die Fallzahlen in den vergangenen Tage so anstiegen, erklärte Kekulé auch mit den verspäteten Meldungen der Gesundheitsämter: "Wir haben jetzt zusätzlich den Effekt, dass das Robert-Koch-Institut bekanntlich zum Teil die Befunde noch per Fax übermittelt bekommt – das darf man gar nicht sagen", sagte Kekulé. Nach dem Wochenende entstehe dadurch immer noch eine Art Auffüll-Effekt.
Kekulé machte im MDR-Podcast wenig später aber auch klar, dass er die nicht immer aktuellen Zahlen des RKI mittlerweile kritisch sehe. "Am Anfang habe ich das ein bisschen verteidigt, und gesagt: 'Naja, die sind ein bisschen langsamer mit den Zahlen, aber die wissen schon, was sie tun'", sagte Kekulé und erklärte:
Kekulé fasste zusammen: "Das RKI ist noch immer deutlich hinterher." Das sei grundsätzlich kein großes Problem, aber man befinde sich gerade in einer Phase, wo das RKI schnell sein müsse. "Deshalb ist das ist schon ärgerlich, wenn man hier so verzögert steuert", sagte Kekulé und versuchte dies den Hörern mit einem Beispiel zu erklären:
Dahinter stecken vor allem Versäumnisse in der Vergangenheit: "Es ist sehr ärgerlich, dass man es in all den Jahren nicht geschafft hat, dieses Meldewesen in Deutschland zu beschleunigen."
Nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schon unter der Woche kritisiert hatte, dass für Diskussionen über Lockerungen der Ausgangsbeschränkungen noch nicht der Zeitpunkt sei, gab Kekulé im MDR auch eine Einschätzung ab, wann die Ausgangsbeschränkung fruchtet: "Wir müssen dieses Projekt zwei bis drei Wochen machen mit den Ausgangsbeschränkungen." Der Tipp des Virologen ist deshalb vorerst Ruhe. Man solle nicht täglich nervös auf die Zahlen gucken: "Wir sollten die Zeit nun lieber zum Spazierengehen nutzen."
(bn)