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Immer weniger spenden Organe – warum? 9 Fragen und Antworten

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Immer weniger spenden Organe – warum? 9 Fragen und Antworten

02.06.2018, 17:24
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Ob du nach deinem Tod deine Organe spenden willst oder nicht, kannst du dir überlegen – gesetzlich wirst du aber nicht dazu verpflichtet. In Ländern wie Frankreich, Italien oder den Niederlanden ist das anders. Dort gilt die Widerspruchslösung: Jeder Mensch ist grundsätzlich Organspender, es sei denn, er widerspricht ausdrücklich.

Am heutigen Tag der Organspende werden solche Modelle für Deutschland ganz besonders diskutiert. Denn Tausende Patienten stehen derzeit auf den Wartelisten für lebensrettende Herzen, Nieren oder Lungen. Aber die Zahl der Spenden ist erneut rückläufig.

Woran liegt das? Haben die Menschen Angst? Und wenn ja, wovor? Was leistet der Organspendeausweis? Wir beantworten die wichtigsten Fragen:

Wie viele Menschen warten auf ein Organ?

  • Etwa 10.000 bundesweit, sagt die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO)
  • 3 davon sterben täglich (im Schnitt), weil nicht rechtzeitig ein passendes Organ zur Verfügung steht
  • 8000 Menschen brauchen eine neue Niere – das sind etwa viermal so viele, wie derzeit Transplantate vermittelt werden können

2017 sanken die Organspendezahlen auf den niedrigsten Stand seit 20 Jahren.

Ich will spenden – wo wird das erfasst?

Im Organspendeausweis. Nach einer aktuelle Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung haben 36 Prozent der Deutschen das Dokument.

Welche Organe kann ich spenden?

  • Niere
  • Herz
  • Leber
  • Lunge
  • Bauchspeicheldrüse
  • Dünndarm

Außerdem lassen sich Gewebe verpflanzen, zum Beispiel Hornhaut oder Knochen. Im Spenderausweis können aber auch einzelne Organe ausgeschlossen werden. Oder man kann erklären, dass man gar nicht spenden will.

Wie viele Spender gibt es?

Die Zahlen sind massiv eingebrochen seit dem Organspendeskandal von 2012. 

Damals hatten Ärzte an mehreren deutschen Universitätskliniken offenbar Patientendaten manipuliert und so die Vergabe von Spenderlebern beeinflusst.

Stand heute: 2017 wurden 797 Verstorbenen Organe entnommen, das waren 60 weniger als im Vorjahr.

Wenn der Skandal vorbei ist, warum gehen die Zahlen immer noch zurück?

Nach Ansicht der DSO liegt es nicht unbedingt an einer abnehmenden Spendebereitschaft der Bevölkerung. 84 Prozent stehen der Organspende positiv gegenüber.

Die Schwachstellen liegen offenbar eher in den Kliniken. So gab es in den vergangenen Jahren von dort weniger Meldungen von möglichen Organspendern.

Ebenso kann aber auch eine unklare Formulierung in einer Patientenverfügung die Organspende verhindern.

Wie kommt eine Organspende zustande?

Der Verstorbene muss entweder zu Lebzeiten in die einwilligen, oder seine Angehörigen müssen das entscheiden.

Folgende Voraussetzungen gelten:

  • Ärzte müssen den Hirntod eindeutig feststellen
  • Infrage kommen nur jene Menschen, die hirntot sind, bevor das Herz stillsteht
  • In den meisten Fällen bleibt das Herz vor dem Hirntod stehen, deshalb kommen nur wenige Verstorbenen überhaupt für die Organspende in Betracht

Durch künstliche Beatmung wird der Kreislauf aufrecht erhalten. So bleiben Organe und Gewebe durchblutet.

Gibt es ein Höchstalter für Spenden?

Nein. Sofern die Organe gesund und bestimmte Infektionskrankheiten ausgeschlossen sind, können auch Ältere Spender sein. Immer mehr Organspender sind schon über 65 Jahre alt.

Aber Begleiterkrankungen werden im Alter wahrscheinlicher. Deshalb sind haben ältere Spendern häufig weniger Organe, die für eine Transplantation geeignet sind.

Was sind die größten Ängste?

Viele Menschen haben Scheu davor, sich mit dem eigenen Tod auseinander zu setzen. Andere haben Angst vor möglichem Missbrauch oder Organhandel. Oder sie fürchten, dass im Ernstfall nicht mehr alles medizinisch Notwendige für sie getan wird.

Die Angst vor dem Tod kann man nicht nehmen. Die Angst davor, zum Spender zu werden, obwohl man eigentlich Chancen hätte zu leben, ist jedoch unbegründet.

Den Hirntod müssen zwei Medizinern unabhängig voneinander feststellen und die Prozesse sind sehr streng geregelt in Deutschland. Alle Regularien sind im Transplantationsgesetz festgeschrieben.

Die DSO schreibt auf ihrer Seite:

Ziel aller medizinischen Maßnahmen im Falle eines Unfalls oder einer schweren Erkrankung ist es, das Leben des Patienten zu retten. Die Bemühungen der Notärzte, Rettungsteams und der Intensivmediziner sind allein auf dieses Ziel ausgerichtet. [...] Voraussetzung für die Organspende ist dabei immer, dass der Tod des Organspenders gemäß dem Transplantationsgesetz von zwei dafür qualifizierten Ärzten unabhängig voneinander festgestellt worden ist. Diese Ärzte dürfen weder an der Entnahme noch an der Übertragung der Organe des Organspenders beteiligt sein, noch der Weisung eines beteiligten Arztes unterstehen.

Kann ich zu einer Entscheidung gezwungen werden?

Nein. In Deutschland gilt seit 2012 die sogenannte Entscheidungslösung:

Jeder über 16 Jahre wird von seiner Krankenkasse aufgefordert, eine freiwillige Erklärung über seine Organspendenbereitschaft abzugeben. Forderungen auch aus der Ärzteschaft nach einer Widerspruchslösung stoßen in der Bundesregierung bislang auf Ablehnung.

(sg/afp)

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