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Kündigen oder bleiben: Was tun, wenn eine Beziehung am Arbeitsplatz scheitert?

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Ist doch schön, wenn es im Büro knistert. Sobald es vorbei ist, gibt es aber schnell nichts mehr zu lachen. Bild: Getty Images / Geber86
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Kündigen oder bleiben: Was tun, wenn eine Beziehung am Arbeitsplatz scheitert?

26.07.2020, 17:0027.07.2020, 11:00
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Beziehungen am Arbeitsplatz sind ein schwieriges Thema. Einerseits bieten sie mit dem gemeinsamen Job viel Raum für lange Gespräche und gemeinsame Zeit; andererseits bergen sie aber auch die Gefahr, sich nach Beziehungsende ständig sehen zu müssen. Ein Streit kann so schnell ins Büro verlegt werden, was dem Job selbst eher weniger zuträglich sein dürfte.

Nun sind Büro-Romanzen aber keine Seltenheit. Denn wo Personengruppen viel Zeit miteinander verbringen, menschelt es nun mal. Um überhastete Entscheidungen zwischen Kaffeemaschine und Eckbüro zu vermeiden, sollten sich beide Seiten über die Vor- und Nachteile einer Büro-Romanze im Klaren sein.

Um euch beim Abwägen zu helfen, sprachen wir mit der Paartherapeutin Birgit Neumann-Bieneck über die Fragen, wie beide Parteien nach einem Beziehungsaus mit der Situationen umgehen können, warum es auch schön sein kann, wenn sich zwei Arbeitskollegen ineinander verlieben und wieso Affären zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern besonders heikel sind.

"Schlussendlich ist es so, dass wir häufig sehr viel arbeiten. Machen Paare das zusammen, ist es für sie ein verbindender Faktor. Der birgt auch viele Chancen."

watson: Zunächst ganz generell: Welche Fallstricke gibt es, wenn sich zwei Arbeitskollegen ineinander verlieben?

Birgit Neumann-Bieneck: Wir gehen jetzt einfach davon aus, dass sich zwei Personen ineinander verlieben und eine Beziehung führen, in der alles gut läuft. In diesem Anfangsstadium der Beziehung kann es schwierig sein, nicht über die Arbeit zu reden – sie ist schlicht zu präsent. Entsprechend diszipliniert sollten beide sein – besonders, wenn es ums Aufstellen von Regeln geht. Mir sagten bereits viele Paare, die auch zusammenarbeiten, dass es manchmal belastend sei, dass die Arbeit ständig mit nach Hause fährt, weil beide Seiten die Kollegen, Arbeitsweise, Inhalte oder Vorgesetzten kennen.

Da fallen natürlich immer Dinge an, die einen auch über die Arbeitszeit hinaus beschäftigen. Das kann zu nie endenden Unterhaltungen führen. Arbeiten beide Seiten hingegen nicht zusammen, wird das Thema vielleicht kurz angeschnitten und dann ist gut.

Kann es nicht auch sein, dass es bei einem Konflikt kein Verständnis gibt? Wenn ich mich etwa mit meinem Vorgesetzten streite, ihn vielleicht sogar nicht mag, meine Partnerin aber auf seiner Seite steht.

Natürlich. In einer Beziehung hoffe ich ja, dass meine Partnerin oder mein Partner hinter mir stehen. Wenn er oder sie etwas jedoch völlig anders als ich sieht, sich gar auf die Gegenseite stellt, finde ich das eventuell nicht so gut. Allerdings gibt es zwei Seiten. Vielleicht bekomme ich auf diesem Wege eine Perspektive, die mir bisher verborgen war. Das kann mir helfen, Lösungswege zu finden. Hier kann es durchaus von Vorteil sein, wenn sich beide im selben Kontext befinden, also zusammenarbeiten.

Wie gehe ich damit um, wenn mein Partner oder meine Partnerin befördert wird?

Das ist sehr individuell. Es kommt darauf an, wie ich selbst aufgestellt bin. Es gibt viele Menschen, die zufrieden mit ihrer Stelle sind und nicht befördert werden wollen. Ist der Partner in dem Fall karrierebewusster und wird befördert, können sie sich entsprechend dafür freuen. Nach dem Schema: "Wow, du hast den nächsten Schritt gemacht. Ich freu mich für dich. Für mich wäre das aber nichts." Ist das nicht der Fall, sollte man darüber reden: "Was bedeutet das für die Beziehung? Ist das ein Störfaktor? Wie gehen wir damit um?" Natürlich kann bei einem Partner das Gefühl aufkommen, übersehen worden zu sein. Gerade deshalb ist der Dialog wichtig.

"In der Regel sind Beziehungen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern schwierig. Das Konfliktpotential ist einfach zu hoch."

Ebenso kann es passieren, dass zwischen beiden Parteien von vornherein ein Hierarchieunterschied besteht. Sollte man sich auf so eine Beziehung mit seinem Vorgesetzten einlassen?

Das ist immer schwierig. Was ich aus meiner Perspektive spannend finde, ist, dass es meist Männer sind, die eine gehobene Position haben, und die Frauen eher eine niedrigere. Diese Paare haben es sehr schwer. Sie sind häufig durch Vorurteile von außen belastet – etwa das Chef-Sekretärin-Klischee. Entsprechend verheimlichen viele solcher Paare ihre Beziehung.

Würden Sie denn auch empfehlen, dass die Paare in dem Fall ihre Beziehung geheim halten?

Meine Empfehlung ist in der Regel, dass die Personen versuchen, ihre Arbeitsbereiche zu trennen. In einem großen Unternehmen kann eine Partei etwa schauen, dass sie die Abteilung wechselt. Natürlich hängt es hier auch von der Größe eines Unternehmens ab. In einem Familienbetrieb ist es schwieriger. In der Regel sind Beziehungen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern schwierig. Das Konfliktpotential ist einfach zu hoch. Von den Kollegen kann das mit Missgunst betrachtet werden. Wir Menschen lieben Skandale, weshalb es auch passieren kann, dass hinter dem Rücken gesprochen wird. Das ist für beide Seiten belastend.

Affären zwischen Chef und Mitarbeiter werden womöglich auch keine Seltenheit sein. Worauf sollten beide Partner da achten?

Affären können gerade zwischen Weisungsbefugten und Mitarbeitern arbeitsrechtlich schwierig sein. Das kann wirklich richtig dumm werden. Da muss man sich genau überlegen, auf welchem Eis man sich bewegt. Ich persönlich würde davon abraten. Ich finde es auch ethisch wichtig, das nicht zu tun. Es sind Abhängigkeitsverhältnisse, die faktisch da sind. Nicht selten habe ich gesehen, dass das auch schrecklich ausgehen kann. Eine Sekretärin, die etwa ihren Job nach einer Affäre mit ihrem Chef verloren hat. Außerdem kann das für beide Seiten rufschädigend sein.

Hat es auch positive Seiten, meinen Partner über die Arbeit kennenzulernen?

Also ich erlebe immer wieder, dass die Paare sagen, sie fahren gemeinsam zur Arbeit. Dadurch haben sie mehr Zeit miteinander. Häufig teilen sie sich auch ein Arbeitsgebiet, worüber sie sich unterhalten können. Das birgt auch eine gewisse Identifikationskraft. Grundsätzlich haben sie aber mehr Zeitressourcen miteinander. Schlussendlich ist es so, dass wir häufig sehr viel arbeiten. Machen Paare das zusammen, ist es für sie ein verbindender Faktor. Der birgt auch viele Chancen.

Wie spreche ich es am besten an, dass ich mich in einen Kollegen verliebt habe?

Das ist natürlich auch ein gewagtes Unterfangen, aber so ist das Leben nun mal. Ich muss schauen, wie ich Signale aufnehme, wie ich in Kontakt mit jemanden gehen und ob die Person den Kontakt ähnlich wie ich empfindet. Klar, bei der Arbeit wird auch geflirtet, aber das gehört ein Stück weit zur Arbeitskultur dazu. Man macht es aus Spaß. Nicht immer steckt eine ernste Absicht dahinter. Entsprechend muss man differenzieren.

Ich kann etwa mit einer Frau aus meiner Abteilung viel schäkern. Für mich könnte da nun mehr bedeuten als für sie. Sollte ich sie auf meine Gefühle ansprechen und zurückgewiesen werden, ist es wichtig, dass ich gut damit umgehen kann, damit sich das nicht auf die Arbeitsbeziehung auswirkt. Und auch das hängt von mir als Person ab.

"Es hängt davon ab, wie die Beziehung endete. War etwa viel Schmerz im Spiel? In so einem Fall ist es sicherlich nicht leicht, mit der Person weiterhin normal zusammenzuarbeiten."

In so einem Fall würde ich mich etwa zunächst zurückziehen, aber das muss nicht für jeden gelten.

Genau. Es kommt immer darauf an, wie ich das angehe. Wenn ich der Person sage „ich finde unseren Kontakt hier total nett und würde mich freuen, wenn wir uns näher kennenlernen“ und es dann heißt „auch ich finde es nett, kann mir am Arbeitsplatz aber nicht vorstellen, einen Kollegen näher kennenzulernen“, dann sind die Fronten erstmal geklärt. Es kommt schlicht darauf an, wie ich das adressiere, damit das nicht als Zurückweisung erlebt wird. Besser ist es, auf unterschiedliche Einstellungen zu dem Thema aufmerksam zu machen.

Auch Schluss machen ist ein schwieriges Thema, birgt es doch die Gefahr, sich am Arbeitsplatz trotzdem regelmäßig zu sehen. Gibt es da eine Strategie, die Sie empfehlen können, um weiterhin zusammenzuarbeiten?

Auch hier ist entscheidend, wie ich innerlich aufgestellt bin. Außerdem hängt es davon ab, wie die Beziehung endete. War etwa viel Schmerz im Spiel? In so einem Fall ist es sicherlich nicht leicht, mit der Person weiterhin normal zusammenzuarbeiten. In Beratungen habe ich auch Paare erlebt, die ein Unternehmen zusammen führten und nach einer Trennung Probleme hatten, sich tagtäglich zu sehen. Genauso war es schwer für sie, Entscheidungen, die die Firma betreffen, von ihrem persönlichen Empfinden zu trennen.

Wenn es auch nach langen Gesprächen nicht möglich ist, nach einer Trennung weiterzumachen, würde ich eine Paarberatung empfehlen. Hier macht es auch Sinn, eine unabhängige Beratung zu holen und nicht eine Freundin oder einen Freund. Denn da besteht die Gefahr, dass sie parteiisch sind. Es gibt auch viele große Unternehmen, die Verträge mit Beratungsfirmen haben, bei denen die Mitarbeiter einen Rat einholen können.

Wie kann ich damit umgehen, wenn Beziehungen am Arbeitsplatz nicht gern gesehen sind?

Wenn eine Firma betont, dass Beziehungen nicht erwünscht sind, muss ich mir überlegen, dass eine Beziehung mit einer Kollegin oder einem Kollegen Auswirkungen haben kann. Also da muss ich abwägen, ob ich diese tragen möchte. Zudem stellt sich die Frage, wie lange man den Zustand der Geheimhaltung aushalten kann. Und das ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich.

Sollte es zu einer Beziehung kommen, hilft die Flucht nach vorne und den Dialog zu suchen. Allerdings hängt das auch von dem Chef ab. Ist er cholerisch und lässt nur wenig Spielraum für Freiheiten, macht der Dialog wenig Sinn. Dann ist ein Berufswechsel sogar eine Option, sofern die Beziehung als stark genug wahrgenommen wird.

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