Ich hatte einen Asterix in der Hand, da konnte ich noch nicht lesen. Bilder anschauen reichte vollkommen. Als ich dann verstand, was Asterix und Obelix erlebten, legte ich die Hefte nicht mehr aus der Hand.
Die Abenteuer von Asterix, dem Gallier, standen gesammelt im Regal meines Papas. Seit frühesten Tage hatte er angefangen, die Hefte zu sammeln. Ein Heft kostete damals 7,50 Mark. Sie waren schon ziemlich ausgelesen, mit Schoko-Flecken, und hier und da war eine Seite eingerissen.
Seit annähernd 30 Jahren lese ich die Hefte – immer wieder. Langweilig werden sie mir nicht. Goscinny und Uderzo sind die ersten Schriftsteller-Namen, die ich kennengelernt habe.
Albert Uderzo ist nun am Dienstag im Alter von 92 Jahren gestorben. Mit seinem Tod geht für mich ein wunderbarer Autor und Zeichner.
Aufgewachsen bin ich mit 30 Heften – den klassischen Asterixen, wie ich sie nenne. Nach 1996, so meine ich, hat sich der Stil der Hefte irgendwie verändert. Mit der Zeit kristallisierten sich die Lieblingshefte heraus und die, die man nur einmal liest und dann nie wieder – "Asterix – Der Seher" ist so ein Heft.
45 Minuten brauche ich, um ein Heft mit seinen 48 Seiten durchzulesen. Damals noch eine wichtige Info für meine Mama, wenn sie wissen wollte, wann ich endlich das Licht ausmachte.
Die Hefte haben mich auch in meiner Schulzeit begleitet. Zuallererst auf einer Klassenfahrt in der Sechsten in die Bretagne, unweit des damaligen Dorfes der Unbeugsamen. In der Nähe gab es ein Feld, das Obelix in "Der Sohn des Asterix" mit Hinkelsteinen "bepflanzt" hat, um für die Milch für das Baby aufzukommen (übrigens auch kein so gutes Heft). In Wirklichkeit stehen die Steinfelder von Carnac schon seit 4500 v. Chr. dort.
In der 12. Klasse lasen wir im Französischunterricht die "Tour de France", ist klar. Und weil ich den deutschen Band hunderte Male durchgelesen habe, hatte ich bei der Übersetzung keine Schwierigkeiten und eine gute Note obendrein.
Und auch meine ganzen Latein-Kenntnisse verdanke ich Asterix. Porcus (Schwein), alea iacta est (Die Würfel sind gefallen), veni, vedi, vici (ich kam, sah, siegte). Und nicht nur das.
Als mein Deutschlehrer in der Oberstufe wissen wollte, was der Grundsatz des Philosophen René Descartes "cogito ergo sum" übersetzt heißt, wusste ich die Antwort. Nicht etwa, weil ich Latein hatte, sondern weil das die Losung für ein Römerlager des Feldherren Scipio in Afrika war, die Asterix einem verfeindeten Römer entlocken konnte (in "Asterix als Legionär"). Das berühmte Asterix-Latein.
Mein allerliebster Comic bis heute ist und bleibt aber "Asterix und Kleopatra". Zum einen wegen des naiv, liebevollen Architekten, der nur schiefe Häuser bauen kann. Weil eine Frau, Kleopatra, über Cäsar triumphiert. Und zum anderen, weil Obelix so tollpatschig die Nase der Sphinx zerstört. Getoppt wurde dies noch durch den Film. Unbeschreiblich, wie Kleopatra und ihr Löwe zusammen singen.
Getrübt wurde die Ära nur durch den Familienstreit, den Uderzo mit seiner Tochter austrug. Offenbar wollte seine Tochter das Imperium an sich reißen. Doch 2014 legten Vater und Tochter den vor Gerichten ausgetragenen Streit um das millionenschwere Asterix-Erbe bei.
So weit wäre es bei meinem Vater und mir nie gekommen. Und damit das auch so bleibt, gab es zu Weihnachten drei gebundene Hefte.
Uderzo wurde 92 Jahre alt und damit ein wahrer Methusalix, wie der Dorfälteste bei den Galliern heißt. "Albert Uderzo ist in seinem Schlaf in seinem Wohnort in Neuilly gestorben", erklärte die Familie. Er erlag demnach "einem Herzinfarkt, ohne Verbindung zum Coronavirus".
Ach ja: Die gelben Kästen, die Beschreibung einer Situation, habe ich bis heute immer überlesen, mich zum Fasching mal als Kleopatra verkleidet und meine Geburtstagskarte gestaltet wie ein Bankett am Ende jeder Geschichte.