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Für Hunde und Katzen: Besuch in Luxus-Tierhotel offenbart die Ungleichheit in Südafrika

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Luxus für Haustiere: Ein Besuch im wohl größten Tierhotel der Welt

Fahrservice, Spa, Physiotherapie. In Kapstadt verwöhnt eines der größten Tierhotels seine vierbeinigen Gäste. In den Armenvierteln der Stadt fehlt es den Menschen derweil am Nötigsten.
15.06.2019, 10:2315.06.2019, 10:26
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Goldgerahmte Hundeporträts, ein Kronleuchter an der Decke, handgenähte Bettbezüge. Ziggys vorübergehendes Zuhause hat nicht an Dekadenz gespart.

Während seine Besitzerin den Skiurlaub in Frankreich genießt, lässt sich der Dackel zwei Wochen lang im womöglich größten Tierhotel der Welt pampern: Spa-Besuche, Haareschneiden und Wassergymnastik stehen hier auf dem Programm. Das "AtFrits" empfängt seine vierbeinigen Gäste aber nicht in New York, Tokio oder London, sondern im südafrikanischen Kapstadt.

In dem Land herrscht große Armut – von dem Geld für eine Nacht in dem Hotel könnte eine ganze Familie mehrere Tage leben. Viele Tierliebhaber erfreuen sich über das Angebot in der pittoresken Hafenstadt. Andere finden den Luxus verwerflich.

Alle für den Dackel

"Es war wirklich schön zu wissen, dass in den Suiten und den Spielflächen eine Kameraüberwachung angeboten wird – falls wir irgendwann am Tag nach ihnen (den Hunden) schauen wollen", meldet sich Ziggys Besitzerin Sheri Hasson aus den Alpen.

Eine App des Hotels liefert den besorgten Tierhaltern Livebilder aus allen Räumen direkt auf ihr Smartphone. Das Wohl ihrer Hunde steht für die 54-Jährige über allem:

"Wenn ich weiß, dass sie in einer liebevollen Umgebung sind, gebe ich gerne etwas mehr für sie aus."
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Mitten im Stadtzentrum reiht sich das Hotel ein zwischen Kapstadts bekanntesten Restaurants und Bars. Schon vor der Eingangstür wird klar, wer hier im Mittelpunkt steht: Statt rotem Teppich empfängt grüner Rasen die Gäste. In der Hotellobby stehen Regale mit Leckerli und Hundemode. Und an den Zimmertüren prangen anstelle von Nummern Beschriftungen wie "Catwoman" oder "Jurassic Bark".

Insgesamt 250 Hunden und 33 Katzen bietet das Hotel Platz. Ein Zimmer kostet zwischen umgerechnet 9,50 Euro und 34 Euro. Wer seinem Liebling zusätzlich noch einen Spa-Besuch oder etwa eine private Spielstunde gönnen will, zahlt extra. Auf Wunsch bietet das "AtFrits" auch einen Fahrservice für die vierbeinigen Gäste an.

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Schicke Frese für schicke Tiere

Dekadent findet Klue ihr Establishment nicht. "Wir sind Tierliebhaber und wollen nichts ins Lächerliche ziehen."

Das heißt zum Beispiel: Im Spa schneiden die Mitarbeiter Krallen, putzen Zähne und frisieren die Tiere. Mit rosafarbenem Fell verlässt aber kein Gast das Hotel. Einige Sonderwünsche gebe es aber schon. "Ein Hund bei uns, Maximilian, trägt zum Beispiel einen Irokesenschnitt." Auch eine Löwenmähne sei schonmal gewünscht worden.

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Klue kommt kaum zum Erzählen, während sie durch das Hotel – benannt nach ihrem verstorbenen Hund Frits – läuft. Jeden Gast begrüßt die 35-Jährige überschwänglich. Wie etwa den rot-weiß gefleckten Crookshank, der ein Sonnenbad auf dem Katzenspielplatz nimmt. Im Untergeschoss zeigt die Chefin, weshalb sie das "AtFrits" auch als Rehazentrum versteht. Im Pool macht die Tiertherapeutin Tineka Kriel Schwimmübungen mit der Terrierdame Clara. Das helfe bei der Rehabilitation nach Verletzungen oder Operationen, erklärt sie.

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Mit seinem gehobenem Service für Vierbeiner liegt das "AtFrits" nicht nur im nationalen Trend. Denn die Nachfrage in der Haustierindustrie steigt global – auch in Deutschland.

Tier-Luxus-Leben auf der einen Seite, Armut auf der anderen

Laut dem Industrieverband Heimtierbedarf gaben die Deutschen im Jahr 2017 rund 4,8 Milliarden Euro für ihre haarigen Familienmitglieder aus, 2007 waren es noch 3,3 Milliarden Euro. Eine Website für Tierunterkünfte führt rund 800 Hotels und Pensionen in Deutschland auf.

In den USA startete mit "The Barkley" sogar eine Kette von Luxus-Tierhotels.

Klue ist nach eigener Recherche überzeugt: Mit 2400 Quadratmetern übertrumpft das "AtFrits" in Sachen Hotelfläche alle anderen. Beim Guinness-Buch der Rekorde habe sie einen Antrag für das größte Tierhotel der Welt eingereicht.

Doch wenn Haustiere in Kapstadt derartig gepampert werden, wird es kritischer beäugt als in Berlin oder New York. Zurecht: Fast ein Fünftel aller Südafrikaner lebten der Weltbank zufolge 2015 unter der Armutsgrenze von 1,90 Dollar.

Ist es in dieser Umgebung verwerflich, ein exklusives Hotel für Tiere zu führen?

Das sagt ein Experte

"Nein, aber es zeichnet ein unverfälschtes Bild der Ungleichheit in Südafrika", meint Armutsforscher Rocco Zizzamia von der Universität Kapstadt. Ein Weltbank-Bericht von 2018 kommt zu dem Schluss, dass die Ungleichheit in Südafrika nicht nur zu den höchsten der Welt gehört, sondern dass sie in den vergangenen 25 Jahren sogar angestiegen ist.

"Ich arbeite bis zu zwölf Stunden am Tag. Dennoch bleiben für jeden meiner Jungs gerade einmal 700 Rand im Monat", sagt Tankwart Lindile Zweni, der im einem Armenviertel von Kapstadt, einem sogenannten Township, lebt. 700 Rand sind ungefähr 43 Euro.

Er muss spöttisch grinsen, als er von dem Hotel für Haustiere hört. "Ich kann nicht fassen, dass andere Südafrikaner an nur einem Tag fast den gleichen Betrag für einen Hund ausgeben."

Einer dieser Hunde ist der Dackel Ziggy. Die blaugestrichene Suite für ihn und seine drei Artgenossen kostet Frauchen Sheri insgesamt 135 Euro pro Nacht. Das Tierhotel "mag etwas dekadent sein. Aber meine Hunde sind wie meine Kinder", erklärt die Hundebesitzerin.

(dpa)

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