Leben
watson-Kolumne

Mutter: "Warum ich Spielen mit meinem Kleinkind hasse"

Wer hat schon ersthaft Spaß daran, stundenlang mit einem Kleinkind zu spielen – vor allem während eines Lockdowns? (Symbolbild)
Wer hat schon ersthaft Spaß daran, stundenlang mit einem Kleinkind zu spielen – vor allem während eines Lockdowns? (Symbolbild)Bild: E+ / ArtMarie
watson-Kolumne

Mutter: "Warum ich Spielen mit meinem Kleinkind hasse und während des Lockdowns fast verblödet wäre"

"Schonungslos ehrlich" – die Mama-Kolumne ohne Insta-Filter
13.12.2020, 18:4112.01.2021, 09:26
Mehr «Leben»

Neulich sagte mein dreijähriger Sohn mit energischem Ton zu mir: "Mama, leg doch mal das Handy weg!" Gefühlt habe ich mich sehr, sehr schlecht. Gedacht habe ich: Alles was in diesem Gerät passiert – Online-Artikel, der Austausch mit Erwachsenen, Insta-News – interessiert mich leider mehr als dieses nervige Versteckspiel. Gesagt habe ich: Ja ok, also wer ist mit Zählen dran?

Ich hasse diese typischen Kleinkindspiele. Erstens war er im vergangenen Jahr noch nicht so weit, um sinnvoll zu spielen. Sollte ich ihn beim Versteckspiel suchen, steckte er lediglich den Kopf unter die Decke und rief dabei ununterbrochen pieeeep – ja herzlichen Glückwunsch. Zweitens sind Rollenspiele nicht mein Ding. Ich empfinde keine Freude dabei, mich als Automechaniker auszugeben, der zu einem eben passierten Unfall eintrifft und dann so tun muss, als würde er das Rad des Bobby Cars engagiert reparieren. Und drittens habe ich das Gefühl, langsam zu verblöden. Wie soll es auch anders sein, wenn ich mich fünf Nachmittage die Woche auf Kleinkind-Niveau befinde?

Der Lockdown mit Kleinkind war die reinste Psycho-Hölle

Die vergangenen Monate konnte ich mich wenigstens mit Müttern und deren Kindern verabreden, sodass zwischendurch ein Erwachsenen-Austausch stattfindet – auch wenn mehr als drei zusammenhängende Sätze am Stück meistens nicht möglich sind. Doch mit Grauen erinnere ich mich an die Zeit des Lockdowns Anfang des Jahres. Da mein Mann beruflich noch mehr eingespannt war, saß ich zwei Monate lang mit einem 2,5-Jährigen jeden verkackten Tag alleine zu Hause. Es war die reinste Psycho-Hölle und ohne mein Smartphone hätte ich sie nicht überlebt.

"Welche Super-Mum will mir erzählen, dass sie sich nach einer halben Stunde noch immer aus Liebe zu ihrem Kind daran erfreut, schwachsinniges Verhalten zu imitieren?"

Wir bewegten uns im immer gleichen Radius zwischen Sandkasten, Wohnzimmer-Teppich und Sofa. Ich musste bestimmt 20 Mal so tun, als würde die Sand-Eiskugel köstlich schmecken. So lange, bis ihm eine neue Greueltat einfiel: Er ließ die Eistüte immer kurz bevor ich sie bekam, fallen. Dann forderte er mich auf: "Jetzt weinen". Die ersten paar Male machte ich noch mit, tat so, als wäre ich am Boden zerstört und gab schluchzende Geräusche von mir. Er lachte sich kaputt, bekam sich gar nicht mehr ein. Welche Super-Mum will mir nun erzählen, dass sie sich nach einer halben Stunde noch immer aus Liebe zu ihrem Kind daran erfreut, schwachsinniges Verhalten zu imitieren?

Unsere Autorin berichtet über die unschönen Seiten des Mutterdaseins – schonungslos ehrlich.
Unsere Autorin berichtet über die unschönen Seiten des Mutterdaseins – schonungslos ehrlich.Bild: Emmy Lupin Studio
Unsere Autorin...
... wurde mit Anfang 30 Mutter. Und kommt noch immer nicht damit klar, dass ihr altes, schönes Leben seitdem vorbei ist. Sie ist wütend, dass Eltern nie den Mut hatten, zu erzählen, was es wirklich bedeutet, ein Kind zu haben. Aus diesem Grund legt sie alle zwei Wochen den Finger in die Wunde – und berichtet schonungslos. Und weil sie weiß, dass Mütter sehr giftig werden können, wenn es um ihr Heiligstes geht, bleibt sie lieber anonym. Die täglichen Entrüstungsstürme ihres Sohnes reichen ihr völlig aus.

Vorlesen mag ich am liebsten – weil ich mich dann nicht bewegen muss

Natürlich bin ich in solchen Situationen, die ich nicht länger ertragen kann, diplomatisch und versuche es dann mit Ablenkung. Wollen wir ein Buch lesen? Vorlesen ist meine Lieblingsbeschäftigung und ich habe keine Hemmungen, ihn mit Keksen oder Schokolade aufs Sofa zu locken, falls ihm einfallen sollte, meinen Vorschlag abzulehnen. Warum Lesen mein Favorit ist? Ich muss mich nicht bewegen, kann nebenbei einen Kaffee trinken und vor allem darf ich stumpf ablesen, statt mir selbst eine schauspielerische Rolle anzueignen. Wir besitzen wirklich viele, viele Bücher – darunter tolle Geschichten. Am liebsten kaufe ich hübsch illustrierte Kinderbücher, sodass ich mich beim Vorlesen selbst daran erfreue.

"Vorlesen ist meine Lieblingsbeschäftigung und ich habe keine Hemmungen, ihn mit Keksen oder Schokolade aufs Sofa zu locken, falls ihm einfallen sollte, meinen Vorschlag abzulehnen."

Leider hat mein Sohn ein Händchen für die Exemplare, die weniger mein Fall sind. Häufig möchte er ausnahmslos die drei gleichen Bücher aus der Wieso-Weshalb-Warum-Reihe für Zwei- bis Vierjährige lesen. Dazu zählen "Die Feuerwehr", "Die Müllabfuhr" und "Die Baustelle". Es gibt nicht mal ein kleineres Übel, ich verabscheue sie inzwischen alle. Feuerwehrmann Felix Funke, Müllmann Max und Maurer Benno könnte ich auf den Mond schießen. Dazu kommen die immer gleichen Fragen meines Sohnes, gerne sehr banal oder vollkommen absurd. Oder in der Endlos-Warum-Schleife. Fragen beantworten war aber nicht mein Plan, ich wollte doch einfach nur vorlesen.

Seit Kurzem klappt das Versteckspiel etwas besser – davon abgesehen, dass er sich immer hinter dem Sofa versteckt. Ich tue dann möglichst lange, als würde ich ihn nicht finden, einfach um noch eine Minute länger meine Ruhe zu haben. Wenn ich es jedoch zu sehr ausreize und sein Piep-Piep-Pieeeep zu oft ignoriere, springt er jauchzend von allein hervor. Am liebsten ist mir daher, wenn ich mit Verstecken an der Reihe bin. Für ein paar Sekunden hinter dem Vorhang die Augen schließen, nicht reagieren müssen, Auszeit.

Wenn es mir zu viel wird, darf mein Sohn Serien schauen

An ganz schlimmen Tagen ziehe ich den "Ausnahme-Joker", weil er normalerweise nur am Wochenende glotzen darf. Dann setze ich ihn für ein paar Folgen Peppa Wutz vor den Laptop, während ich daneben sitze und auf mein Handy starre. Ich lese Interviews, beantworte Nachrichten, scrolle durch Instagram und erfreue mich an hübschen Dingen, die ich mir kinderlos schon längst zugelegt hätte. In diesen friedvollen Momenten sind mein Sohn und ich uns ausnahmsweise mal einig: Technische Geräte mit WLAN-Verbindung sind etwas Wunderbares.

Mallorca stellt neuen Regelkatalog vor – Bußgelder teilweise vervierfacht

Mallorca wird nicht ohne Grund als "17. deutsches Bundesland" bezeichnet. Jährlich strömen bis zu zwölf Millionen Tourist:innen auf die Insel, ein Großteil davon kommt aus Deutschland. Doch auch der Rest Europas hat die Balearen mittlerweile für sich entdeckt, aus den USA gibt es seit vergangenem Jahr ebenfalls Direktflüge.

Zur Story