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Astrazeneca-Stopp: So geht es jungen Menschen, die jetzt doch nicht geimpft werden

Coronavirus Vaccination Concept. Black Girl Waiting For Covid-19 Vaccine Sitting In Queue With Diverse People In Hospital Waiting-Room. Covid 19 Virus Prevention And Medical Treatment Concept
Viele Menschen müssen erstmal weiterhin auf ihre Impfung warten.Bild: iStockphoto / Prostock-Studio
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Impftermin abgesagt: So geht es jungen Menschen, die jetzt doch nicht geimpft werden

17.03.2021, 20:0618.03.2021, 12:53
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Die Impfungen waren der Hoffnungsschimmer in der Corona-Pandemie. Ende Dezember begann in Deutschland die offizielle Impfkampagne und vor allem diejenigen, die aufgrund ihrer Vorerkrankung oder ihres Berufs ein besonders hohes Risiko haben, an Covid-19 zu erkranken oder einen schweren Verlauf der Krankheit zu erleiden, fiebern schon lange auf ihre Impfungen hin. Doch erst lief die Impfkampagne nur schleppend an – und jetzt wurden die Impfungen mit dem Vakzin von Astrazeneca vorerst komplett gestoppt.

Am Montag setzte die Bundesregierung die Impfungen mit Astrazeneca auf Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts vorübergehend aus, nachdem es neue Berichte über Fälle von sehr seltenen Thrombosen der Hirnvenen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung gegeben hatte. Gesundheitsminister Jens Spahn betonte, es handle sich um eine "reine Vorsichtsmaßnahme".

Bereits vereinbarte Termine für die Impfung mit Astrazeneca wurden also erstmal abgesagt. Manche Menschen konnten mit einem anderen Impfstoff versorgt werden, aber bei den Meisten fiel die Impfung einfach aus. Was bedeutet das für diejenigen, die jetzt eigentlich an der Reihe gewesen wären? Watson hat mit Menschen gesprochen, deren Impftermine kurzfristig abgesagt wurden.

"Dinge, die mir als Depressionspatientin sonst psychisch Entlastung geben, sind nicht möglich"

"Mein Termin wäre am 17. März am Mittag gewesen, die Absage kam am 16. März um 00:00 Uhr", berichtet Jasmin Schreiber. Sie ist 33, Autorin, und Risikopatientin.

Jasmin Schreibers Impftermin wurde kurzfristig abgesagt.
Jasmin Schreibers Impftermin wurde kurzfristig abgesagt.bild: privat

Das letzte Jahr sei für sie belastend gewesen, "wie für alle anderen auch", sagt sie. "Ich gehöre einer Corona-Risikogruppe an und bin seit einem Jahr zu Hause. Es ist ein reizarmes Leben. Dinge, die mir als Depressionspatientin sonst psychisch Entlastung geben, sind nicht möglich: Fitnessstudio, Museen, Palmengarten, all sowas. Und die soziale Isolation macht es auch nicht besser. Dazu kommen natürlich die Sorgen, die sich alle machen: Hoffen, dass sich niemand aus der Familie ansteckt, dass alle gesund bleiben", so Schreiber.

"Es hilft ja nichts: Jetzt heißt es darauf warten, dass es weitergeht. Irgendwie kommen wir da schon durch. Müssen wir ja."
Jasmin Schreiber, 33

Die E-Mail mit der Absage des Impftermins sah sie am Dienstagmorgen, "kein besonders toller Start in den Tag". Denn die Impfung hätte für sie, wie für viele andere Menschen auch, bedeutet, endlich wieder mehr Freiraum zu haben. Und "das Gefühl, dass die Pandemie doch vielleicht irgendwann beherrschbar wird. Weniger Angst, zu erkranken und Komplikationen zu bekommen, was bei mir eben wahrscheinlicher ist, als bei anderen, gesunden Menschen."

Seit einem Jahr sitzt Schreiber daheim, wie sie sagt. "Dennoch schaue ich nur nach vorn und versuche, geduldig auf den nächsten Impftermin zu warten." Und: "Es hilft ja nichts: Jetzt heißt es darauf warten, dass es weitergeht. Irgendwie kommen wir da schon durch. Müssen wir ja."

"Für mich hätte die Impfung wirklich Sicherheit bedeutet"

Celina Schneider ist 21, arbeitet in einer Kita und studiert soziale Arbeit. Ihr Impftermin wäre am Mittwoch gewesen. Dass er ausfällt, erfuhr sie erst am Tag davor – als sie beim Arzt anrief, um sich über mögliche allergische Reaktionen zu informieren.

Celine Schneider arbeitet in einer Kita.
Celine Schneider arbeitet in einer Kita.bild: privat

Auch sie sagt, dass das vergangene Jahr besonders belastend gewesen sei. Sie kritisiert, dass die Regelungen für Kindergärten oft ungenau und nur schwer umzusetzen seien. "Insgesamt hat sich die komplette Kindergartenstruktur mehrfach geändert, was sowohl für die Kinder als auch für die Mitarbeiter äußerst belastend ist", erzählt sie.

"Ich fände es einfacher damit umzugehen, wenn ausgiebiger darüber informiert werden würde."
Celine Schneider, 21

"Im ersten Moment war ich natürlich sehr perplex und wütend, da ich mich ja auch bewusst für die Impfung entschieden habe und mir mögliche Nebenwirkungen bewusst sind", sagt die 21-Jährige. "Ich fände es einfacher damit umzugehen, wenn ausgiebiger darüber informiert werden würde."

"Für mich hätte die Impfung wirklich Sicherheit bedeutet", sagt Celina Schneider. Dabei denkt sie nicht nur an ihre eigene Sicherheit, sondern auch an die ihrer Mitmenschen. "Ich komme allein auf der Arbeit mit circa 80 verschiedenen Menschen in Kontakt und die meisten davon sind Kinder, die keine Maske tragen. Zudem fahre ich mit dem Bus zur Arbeit. Ich würde mich definitiv sicherer fühlen, wenn ich auch wüsste, dass ich im besten Fall keins von den Kindern oder jemanden aus ihrer Familie anstecken kann", sagt sie.

"Aktuell geht die Glaubwürdigkeit der Politik verloren"

Raphael de Lutzel ist 31 und arbeitet als Physiotherapeut in einem Reha-Zentrum in Berlin. "Wir arbeiten seit dem Beginn der Pandemie weiter, weil wir essenziell medizinische Mitarbeiter sind. Und das ist natürlich ein Risiko", sagt er. "Wir tragen Masken, die Patienten tragen Masken, aber es bleibt ein Risiko. Wir sind bis zu 40 Minuten nah am Patienten dran und gemeinsam in einem Raum", erklärt er.

Vom Stopp der Impfungen mit Astrazeneca ist er enttäuscht. "Es war schon schwer genug einen Impftermin zu kriegen und dann kam plötzlich die Nachricht, dass es doch nicht klappt." Er wäre eigentlich am Dienstag dran gewesen. "Dass es ausgerechnet diejenigen, die so nah an den Patienten arbeiten, so schwer haben geimpft zu werden, versteht niemand von uns."

Besonders enttäuscht ist er aber von der schlechten Kommunikation. "Dass es Probleme mit dem Impfstoff gab und manche Länder sich bereits entschieden hatten, die Impfungen mit Astrazeneca zu stoppen, hatten wir alle mitgekriegt. Aber wieso genau Deutschland jetzt auf den Zug aufspringt, ist ziemlich unverständlich", sagt er.

"Es wird einem kaum eine Möglichkeit gegeben, das zu verstehen."
Raphael de Lutzel, 31

"Wenn die Regierung die Entscheidung begründet und beispielsweise sagt, dass sie ein oder zwei Wochen braucht, um alles zu überprüfen, dann hätte man wenigstens das Gefühl, dass es einen Plan gibt. Aber jetzt fragt man sich, was da los ist und es wird einem kaum eine Möglichkeit gegeben, das zu verstehen. Jetzt sieht man nur diese Zahl und denkt sich: Das sind aber ganz schön wenige Fälle. Wenn man das abwägt, hat man das Gefühl, dass es doch besser wäre, die Impfungen weiterlaufen zu lassen." Und weiter: "Aktuell geht die Glaubwürdigkeit der Politik verloren und das ist sehr schlecht in einer Pandemie".

"Die Impfung würde mir schon etwas Ruhe geben"

Paula ist 22 und arbeitet als studentische Aushilfe in einem Kindergarten in Hessen. "Das letzte Jahr war schon sehr chaotisch", sagt sie. "Es war immer ein Hin und Her, niemand wusste, wie lange das noch so geht. Wir hatten teilweise mehr als die Hälfte der Kinder bei uns, obwohl eigentlich Notbetreuung sein sollte." Inzwischen haben die Kitas auch wieder regulär geöffnet, "wir haben jetzt circa 80 Kinder hier", erzählt die 22-Jährige.

Im Januar waren das gesamte Team sowie die Kinder in Quarantäne, da eine Erzieherin positiv auf Corona getestet wurde. "Ab da haben wir dann Masken getragen. Davor hieß es, dass wir keine Masken tragen sollen, weil das pädagogisch nicht gut ist." Und weiter: "Im Vergleich zu meinen Freunden hatte ich im letzten Jahr noch das normalste Leben, weil ich noch in die Arbeit gegangen bin und wir versuchen, dass für die Kinder alles so normal wie möglich ist. Aber es ist viel Konfliktpotenzial da", sagt sie.

"Mir fehlt jetzt einfach eine Perspektive."
Paula, 22

"Ich versuche wirklich, Corona nicht zu bekommen. Mich stresst das auch wegen meines Papas, der Risikopatient ist. Ich versuche, ganz wenig Kontakt zu meiner Familie zu haben. Es ist nicht so, dass ich in totaler Panik lebe, aber richtig wohl ist mir auch nicht dabei. Die Impfung würde mir da schon etwas Ruhe geben", sagt sie.

Eigentlich hätte die 22-Jährige am Dienstagabend geimpft werden sollen, doch auch ihr Termin wurde am Vormittag abgesagt. Sie sei enttäuscht, dass es jetzt erstmal nicht klappt. "Mir fehlt jetzt einfach eine Perspektive. Klar, es wird noch ein langer Weg, aber es wäre gut für das Gefühl gewesen. Ich hatte mich so gefreut, dass wir in die zweite Prioritätsgruppe aufgerückt sind." Mit der Impfung verknüpft gewesen sei "die Hoffnung, dass die Pandemie irgendwann mal vorbei ist."

Erstes Land weltweit: Nigeria führt Impfstoff gegen tödliche Krankheit ein

Vor einer Reise ins Ausland steht oft ein Besuch in der Arztpraxis an. Denn je nach Reiseziel kann eine Impfung notwendig sein, um vor gefährlichen und teils lebensbedrohlichen Krankheiten zu schützen. Wer beispielsweise nach Nigeria reist, sollte sich ärztlich bezüglich einer Meningokokken-Impfung beraten lassen, rät das Auswärtige Amt.

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