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Malteser erzählt aus Impfzentrum in Bayern: "Wir warten auf Impfdosen"

Malteser Niklas Schäpe (19), Impfzentrum München (Haar)
Niklas Schäpe vor dem Impfzentrum, einem ehemaligen BND-Gebäude.Bild: privat / privat
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Helfer über Corona-Impfstart: "Dass es Lieferschwierigkeiten geben würde, zeichnete sich schon vor Tagen ab"

29.12.2020, 13:0129.12.2020, 19:04
Niklas Schäpe
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In den vergangenen Wochen wurden deutschlandweit Impfzentren aus dem Boden gestampft, um die Bevölkerung möglichst schnell mit dem lang ersehnten Corona-Impfstoff zu versorgen. Der offizielle Startschuss für die Impf-Offensive war am Sonntag. Doch vielerorts kam viel weniger Wirkstoff an, als ursprünglich geplant. Wie sieht die Arbeit in den Zentren also derzeit aus? Sitzen da Mitarbeiter in gähnend leeren Hallen und warten auf den Biontech-Lieferwagen?

Niklas Schäpe weiß es. Der 19-Jährige arbeitet seit Mitte Dezember 50 bis 60 Stunden die Woche für die Malteser in einem Impfzentrum in Bayern. Am Wochenende erreichten sie die ersten dreißig Impfdosen, die Niklas zusammen mit einem mobilen Team direkt spritzen durfte. Wie das ablief und worauf sich die Zentren jetzt vorbereiten, berichtet er bei watson.

"Wir hatten eigentlich damit gerechnet, dass wir jetzt schon mit vollem Einsatz loslegen können. Aber nun warten wir, wie alle anderen, noch auf die Impfdosen."

Ich arbeite für die Maltester in einem Impfzentrum in Haar bei München und freue mich, dass es jetzt so langsam bei uns losgeht. Am 26. Dezember haben wir die ersten dreißig Impfdosen erhalten und sind am Sonntag direkt mit einem mobilen Team in ein Altersheim gefahren, um diese zu verteilen.

Das lief sehr gut an. Die Bewohner dort waren bereits durch das Personal aufgeklärt und hatten all die nötigen Dokumente unterschrieben, Ängste begegneten uns nicht. Im Gegenteil: Die Leute haben sich sehr gefreut, dass wir jetzt kommen und geradezu auf ihre Impfung gepocht. Der Pieks hat ihnen nicht mehr wehgetan, als man es so von anderen Spritzen kennt, sagten sie, und wir haben auch keine Nebenwirkungen feststellen können – alle waren also glücklich. Immun sind die gestern Geimpften dadurch noch nicht, dafür müssen wir mit der zweiten Impfdosis nach 21 Tagen wiederkommen.

Den Corona-Impfstoff muss ich selbst verdünnen

Für mich war es das erste Mal, dass ich Menschen geimpft habe. Ich bin ausgebildeter Rettungssanitäter, insofern sind Spritzen für mich nichts Neues, dennoch gibt es bei der Corona-Impfung einiges zu beachten. Mitte Dezember hatte ich extra dafür eine Impfschulung durchlaufen, die aus vier Unterrichtseinheiten besteht. Dabei lernt man zum einen alles über den rechtlichen Rahmen, zum anderen geht es aber auch um die Zusammensetzung des Impfstoffes.

Im Gegensatz zu den bisher geläufigen Impfungen kommt der neue Stoff nämlich nicht in einer vorgefertigten Ampulle, sondern muss vorher noch verdünnt werden. Das richtige Verhältnis von Natriumchlorid und mRNA-Mittel zu kennen und entsprechend zu mischen, ist sehr wichtig und wird im Vorfeld immer wieder geübt. Es ist ein komplexer Ablauf.

"Wenn der Betrieb so richtig startet, ist es unser Ziel, etwa 35 Leute pro Stunde impfen zu können."

Bis Sonntag waren meine Aufgaben im Impfzentrum jedoch kaum medizinischer Natur. Als ich am 12. Dezember anfing, ging es eher darum Tische, Stühle und Lampen zu installieren, die Räume hier fertig zu machen, sodass der Impfbetrieb losgehen kann. Wir sind in einem ehemaligen BND-Gebäude untergekommen, was insofern komfortabel ist, weil es hier Zimmer gibt, die direkt genutzt werden können.

Interessiert dich die Arbeit als Impfhelfer?
Die katholische Hilfsorganisation "Malteser" suchen bundesweit noch Helfer für die Impfzentren, stellen sowohl Vollzeit, als auch Teilzeit oder geringfügige Beschäftigte ein.

Dabei werden vor allem Menschen gesucht, die eine medizinische Ausbildung haben, aber auch Hilfskräfte für Logistik, Reinigung und Verwaltung.

Mehr Infos findest du hier: www.malteser.de

Das Gebäude ist jetzt so organisiert, dass die Menschen wie in einem Einbahnstraßen-System durchgeführt werden können, um Ansteckungen zu vermeiden und Schlangen so kurz wie möglich zu halten. Wenn der Betrieb so richtig startet, ist es unser Ziel, etwa 35 Leute pro Stunde impfen zu können. Mal schauen, ob das so hinkommt.

Ich will einen Beitrag leisten, um die Pandemie zu beenden

Wir hatten eigentlich damit gerechnet, dass wir jetzt schon mit vollem Einsatz loslegen können. Aber nun warten wir, wie alle anderen, noch auf die Impfdosen. Dass es Lieferschwierigkeiten geben würde, zeichnete sich bei uns schon vor ein paar Tagen ab. Überrascht bin ich also nicht, trotzdem hoffen wir alle, dass es bald Nachschub gibt. Langeweile haben wir trotzdem nicht, noch immer kommen Laptops und medizinische Utensilien an, weiterhin gibt es organisatorische Fragen zu klären und nebenbei bilden wir das Personal aus. Es macht wirklich Spaß, weil das Team nett ist und alle Lust auf die Aufgabe haben.

"Nach etwa einer Woche zu Hause sitzen habe ich mich gefragt: Soll ich jetzt weiter Serien gucken oder vielleicht doch lieber was Gutes tun?"

Viele der Leute hier sind noch relativ jung, einige machen zum Beispiel ein freiwilliges soziales Jahr, aber natürlich sind auch schon erfahrene Mediziner im Team. Für mich selbst war der Einsatz an den Impfzentren eine gute Überbrückung, denn ich warte noch auf einen Medizin-Studienplatz im Sommersemester und fing langsam an, mich zu langweilen. Freunde kann man ja nicht treffen, dann endete auch noch mein Praktikum an einer Klinik und nach etwa einer Woche zu Hause sitzen habe ich mich gefragt: Soll ich jetzt weiter Serien gucken oder vielleicht doch lieber was Gutes tun? So bin ich bei den Maltesern gelandet.

Ich finde es schön, die Chance zu haben, etwas Sinnvolles zu tun, einen kleinen Beitrag zu leisten, damit diese Pandemie endet und außerdem lerne ich bei der Arbeit viel. Jetzt, wo ich selbst im Zentrum arbeite, fragen mich meine Großeltern natürlich auch schon mal aus: Ist die Impfung sicher? Wie registriert man sich eigentlich? Das sind wohl die Fragen, die sich viele momentan stellen. Ich selbst würde mich übrigens sofort impfen lassen, wenn ich es dürfte. Da ich im November aber erst Corona hatte – Gott sei Dank symptomfrei – muss ich vielleicht noch warten.

Die ersten, die ich hier im Impfzentrum empfangen werde, sollen die Älteren, Schwerkranken und die Menschen sein, die beruflich mit Corona-Risikogruppen zu tun haben. Im Grunde stehen wir hier schon jederzeit bereit für sie, jetzt warten wir nur noch gespannt, wann mehr Impfstoff kommt. Heute ist eine neue Charge angekündigt, die werden wir direkt wieder mit einem mobilen Team in Altersheimen verimpfen. Es läuft also nur tröpfchenweise an, aber ich bin optimistisch, dass es bald schneller vorangeht: Bis dahin arbeiten wir einfach mit dem, was wir haben.

Protokoll: Julia Dombrowsky

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