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Fußball: Champions-League-Klubs spenden 20 Mio. Euro an Profiklubs - ist ein Bluff?

Alles nur heiße Luft?
Alles nur heiße Luft?Bild: imago/Lackovic
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Bericht: Ist die Hilfsaktion der Bundesliga-Topklubs über 20 Mio. Euro ein Bluff?

02.04.2020, 14:03
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Die Corona-Zwangspause in der Bundesliga und der 2. Liga verlängert sich wie erwartet bis mindestens 30. April. Einen entsprechenden Vorschlag des DFL-Präsidiums haben am Dienstag die Bosse der 36 Profiklubs bei der ersten virtuellen Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball-Liga (DFL) einstimmig beschlossen.

Dass der Fußball weiter ruht, hat natürlich auch massive finanzielle Auswirkungen auf die Klubs. Keine Spieltage bedeuten keine Zuschauer bedeuten keine (TV-)Einnahmen und so weiter. Profis verzichten auf Gehälter, viele Mitarbeiter gehen in Kurzarbeit.

Bei der DFL-Sitzung am Dienstag gab es daher auch eine Bestandsaufnahme der wirtschaftlichen Lagen der Vereine. Dabei habe sich die Annahme bestätigt, dass "einige Klubs im Mai oder auch im Juni in eine existenzbedrohende Situation kommen könnten", sagte DFL-Chef Christian Seifert, ohne dabei Namen zu nennen.

Fussball 1. Bundesliga Saison 2019/2020 21. Spieltag FC Bayern Muenchen - RB Leipzig 09.02.2020 Alphonso Davies re, FC Bayern Muenchen gegen Timo Werner li, RB Leipzig *** Football 1 Bundesliga Season ...
RB Leipzig und Bayern München sind in der Champions League dabei: Hier duellieren sich RasenBalls Nationalspieler Timo Werner (l.) und FCB-Shootingstar Alphonso Davies.Bild: imago images/ULMER Pressebildagentur

Die vier deutschen Champions-League-Klubs Bayern München, Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen und RB Leipzig machten bereits in der vergangenen Woche positive Schlagzeilen, nachdem sie gemeinsam rund 20 Millionen Euro für bedürftige Erst- und Zweitligisten in der Corona-Krise in Aussicht gestellt hatten. Auf den ersten Blick eine solidarische Aktion.

Doch woher kommt dieses Geld eigentlich genau? Und sind die vier Königsklassen-Klubs wirklich so solidarisch wie es scheint? Laut einem Bericht sind unter den Klubbossen Zweifel an dieser Summe aufgekommen. Es gebe innerhalb des deutschen Profifußballs einen Streit darüber, das berichtete der "Spiegel" am Dienstag. Dabei beruft sich das Magazin auf eigene Informationen.

DFL-Chef Christian Seifert sagt, dass Solidarität im deutschen Profifußball "kein Lippenbekenntnis" sei. Hat er damit Unrecht?
DFL-Chef Christian Seifert sagt, dass Solidarität im deutschen Profifußball "kein Lippenbekenntnis" sei. Hat er damit Unrecht?Bild:imago images/sven simon/arne dedert

Um das alles zu verstehen, muss man erstmal ein bisschen ausholen und vier Jahre zurückspulen. Im Jahr 2016 hatte die DFL einen neuen TV-Vertrag ausgehandelt und damit mächtig Asche gemacht: Die Einnahmen durch Fernsehgelder für die Erst- und Zweitligisten schnellten in die Höhe, von ehemals rund 2,5 Milliarden auf fast 4,7 Milliarden Euro für vier Jahre.

Knapp ein Prozent dieser Summe, 50 Millionen Euro, legte die DFL seinerzeit auf die hohe Kante, damit man zum Beispiel für eventuelle "außerordentliche Situationen" gewappnet ist oder "strategische Projekte" finanzieren kann. Fünf Millionen dieser Rücklage hat die DFL bereits für strategische Projekte ausgegeben, zum Beispiel für die Virtual Bundesliga.

Mit dem Wissen, dass da irgendwo noch 45 DFL-Millionen gebunkert sind, spulen wir wieder vorwärts in die Gegenwart: Mit der Corona-Krise ist nun eine außerordentliche Situation eingetreten, für die dieses Geld aufgewendet werden könnte.

Die Auszahlung dieser Summe aus dem DFL-Rücklagentopf sei für die kommende Saison 2020/2021 geplant, hieß es bereits Mitte März, als das DFL-Präsidium zu einer ersten Corona-Beratung in Frankfurt zusammengekommen war. Die Summe würde über jene Spielzeit verteilt werden und könnte laut DFL "durch Beschluss des Präsidiums nach neuen Kriterien verteilt werden".

DFL-Pressekonferenz am 16. März in Frankfurt/Main mit den DFL-Christians Seifert (l.) und Pfennig.
DFL-Pressekonferenz am 16. März in Frankfurt/Main mit den DFL-Christians Seifert (l.) und Pfennig.bild: imago images/Sven Simon/arne dedert

Bisher ist aber nur die Rede von den 20 Solidar-Millionen des Bundesliga-Spitzenquartetts, das in der lukrativen Champions League dabei ist. Die Verteilung, welche der übrigen 32 Erst- und Zweitligisten aus diesem Solidartopf wie viel erhalten, werde laut Statuten das DFL-Präsidium entscheiden, erklärte Seifert am Dienstag. Man habe darüber nur kurz gesprochen. Es werde erst "in einer der nächsten Sitzungen" darüber beraten.

Das könnte damit zu tun haben, dass bislang vollkommen unklar ist, wie sich diese 20 Millionen aus Dortmund, München, Leipzig und Leverkusen zusammensetzen. In einer Pressemitteilung schrieb die DFL vergangene Woche über diese Summe: "Die vier Champions-League-Teilnehmer der aktuellen Saison verzichten zunächst auf ihren Anteil an noch nicht verteilten nationalen Medienerlösen der DFL in der kommenden Spielzeit. Dieser Betrag, der bei Anwendung des derzeitigen Verteiler-Schlüssels rund 12,5 Millionen Euro ausmachen würde, wird seitens der vier Klubs noch einmal um rund 7,5 Millionen Euro aus eigenen Mitteln aufgestockt."

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Auch Dortmund und Leverkusen starteten in der aktuellen Saison in der Königsklasse. Hier springt BVB-Star Jadon Sancho (r.) über die Grätsche von Bayers Flügelflitzer Karim Bellarabi.Bild: imago images/Chai v.d. Laage

So setzen sich also die 20 Millionen zusammen: 12,5 Millionen aus "noch nicht verteilten nationalen Medienerlösen" und 7,5 Millionen Euro "aus eigenen Mitteln" von FCB, BVB, RB und Bayer 04. Was genau aber diese "noch nicht verteilten nationalen Medienerlöse" sind, das steht nicht in der Mitteilung.

Nach außen hin wurden die vier Spitzenklubs wegen ihres Rettungsschirms als solidarische Wohltäter hingestellt. Seifert betonte in der Mitteilung auch, dass diese Aktion unterstreiche, dass Solidarität im deutschen Profifußball "kein Lippenbekenntnis" sei.

Laut den "Spiegel"-Informationen gibt es darüber nun Unmut bei den Profiklubs. Denn die DFL hat bisher niemandem erklärt, woher die 12,5 Millionen Euro, der Großteil der 20 Mio., kommen. Einige Klubvertreter vermuten demnach, dass sie aus der 45-Mio-Rücklage der DFL stammen und die vier deutschen Königsklassen-Klubs den bestehenden TV-Geld-Verteilerschlüssel angewendet hätten, um ihren Anteil daran zu ermitteln und sich diesen im Vorhinein auszahlen lassen haben. Wir erinnern uns: Die Summe 45 Millionen Euro könnte "durch Beschluss des DFL-Präsidiums nach neuen Kriterien verteilt werden."

Wenn das stimmte, dann wären die 20-Solidar-Millionen eher ein großer Bluff als Wohltätigkeit. Oder ein "Taschenspielertrick", wie der "Spiegel" titelt. Am Mittwoch kommt das DFL-Präsidium zu einer weiteren Videokonferenz zusammen. Vielleicht sind wir danach etwas schlauer.

(as)

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