Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sorgte mit seiner Aussage, dass Urlaub zu Ostern in Deutschland wegen Corona wohl nicht möglich sei, für Aufsehen und Irritation. Auch bei Parteikollegen. Bei "Maischberger" erklärt er seine Sicht.
Als zweiten hochkarätigen Gesprächspartner hat die ARD-Talkerin Microsoft-Gründer Bill Gates für ein Exklusiv-Interview zugeschaltet. Sie spricht mit dem Milliardär über seine Stiftungsarbeit, das Impfen und den Klimaschutz. Maischbergers Gäste an diesem Abend:
Auch bei Maischbergers Kommentatoren ist Kretschmers Aussage höchst umstritten. Tagesthemen-Moderatorin Pinar Atalay gesteht, dass sie langsam Pandemie-müde sei und das auch in ihrem Freundeskreis merke. "Die Bevölkerung braucht eine Motivation, um es weiter durchzuhalten." Die Urlaubsabsage sei vielleicht richtig, aber kontraproduktiv, ihr sei das "zu schnell zu viel" gewesen.
Ulrich Reitz ("n-tv") wundert sich hingegen: "Warum kann Herr Kretschmer den Menschen reinen Wein einschenken, das ist eine Weitsichtigkeit, die andere nicht haben", spielt er auf die oft zitierte Strategie der Pandemie-Politik "auf Sicht fahren" an.
SZ-Parlamentskorrespondentin Constanze von Bullion findet Kretschmers Aussage hingegen höchst plausibel. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir da lustig auf Reisen gehen können. Ich glaube, die Bedenken sind leider berechtigt." Sie sieht sogar den Sommerurlaub in Gefahr und hält einen harten Lockdown über den 7. März hinaus für denkbar.
Michael Kretschmer wirkt angespannt, als er zum Zweier-Talk bei Maischberger Platz genommen hat. Fast so, als bereue er den Sturm, den er mit seiner Urlaubs-Äußerung ausgelöst hat, könne jetzt aber nicht mehr zurück. "Es tut mir leid, wenn ich den Menschen die Hoffnungen genommen habe, ich möchte das Gegenteil", sagt er.
In Deutschland hätten wir mit "einem sehr stringenten Maßnahmenpaket" die Inzidenz von 200 auf 60 gedrückt. Nun drohe aber mit der um ein Drittel ansteckenderen Mutation eine noch größere Gefahr, gerade bei schnellen Öffnungen. "Wollen wir das, was wir da erreicht haben, wirklich so leichtfertig preisgeben?", fragt der Ministerpräsident. Zum Vergleich führt er eine überraschende Zahl an: Die Inzidenz von den Öffnungen nach dem ersten Lockdown. Sie lag bei aus heutiger Sicht unglaublich niedrigen fünf, was fast niemand wirklich weiß, weil sich damals noch alles vor allem um den R-Wert als Pandemie-Indikator drehte.
Maischberger fragt, ob er denn andere Informationen als die anderen Länderchefs habe, weil er mit seiner Ostern-Prognose ja weit über die üblichen zwei Wochen hinaus in die Zukunft blicke. Kretschmer weicht ruppig aus. "Ich habe meine Meinung gesagt und das wird in einer Debatte ja wohl noch möglich sein." Allerdings ist er einige Sätze schon wieder ganz weit weg von einer bloßen Meinungsäußerung:
Wenn andere Ministerpräsidenten, wie etwa Schleswig-Holsteins Daniel Günther (CDU), den Osterurlaub noch nicht abschreiben wollen und Maischberger fragt, wie das kommt, antwortet Kretschmer: "Es gibt eine unterschiedliche Wahrnehmung und unterschiedliche Hoffnungen." Er sei aber jemand, der Sachen offen ausspreche. Und dann lässt er sich wieder zu einem brisanten Satz hinreißen: "Es gibt eine Tendenz dazu, den Menschen nicht mehr die reine Wahrheit zu sagen, weil man Angst vor der Reaktion hat." Wumms. Das saß und ist Wasser auf die Mühlen von allen Politik-Skeptikern, Leugnern und Verschwörern. Weil Kretschmer das vielleicht auch gerade noch aufgegangen ist oder er elegant vor Kollegen seine Hände in Unschuld waschen will, lenkt er den Fokus weg von der deutschen Politik ins Ausland und sagt, dass es so zu erklären sei, warum zum Beispiel trotz der hohen Inzidenzen in Tschechien "leichtfertig geöffnet" worden sei.
Da stellt sich allerdings die Frage, warum denn gerade Sachsen bereits jetzt die Kitas und Grundschulen wieder geöffnet hat, wenn Vorsicht so wichtig ist. "Weil und die psychische Gesundheit von Kindern, Jugendlichen und Familien und der Bildungsaspekt so wichtig sind", betet Kretschmer ein Standardargument herunter. Es sei eine "Abwägungsentscheidung zwischen verschiedenen Schutzgütern" und da müsse man eben einen Weg finden. Dass diesen Weg, Schule ja aber Urlaub nein, dann alle verstehen, bleibt allerdings stark zu bezweifeln.
Microsoft-Gründer Bill Gates ist aus Seattle zugeschaltet. Maischberger entlockt dem Milliardär, der sich seit Jahren mit seiner Stiftung weltweit für Gesundheit u.a. durchs Impfen einsetzt, einige überraschende Antworten.