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Michael Wendler: RTL hätte nichts getan – wenn dieser Promi nicht eingegriffen hätte

ARCHIV - 21.02.2020, Nordrhein-Westfalen, K
Michael Wendler bekommt von RTL keine Plattform mehr.Bild: dpa / Rolf Vennenbernd
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Nicht Wendlers erster KZ-Vergleich – warum RTL viel früher hätte reagieren müssen

14.01.2021, 17:00
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Für Michael Wendler wird es keine Bühne in der Primetime mehr geben. RTL hat entschieden, den Schlagersänger aus der neuen Staffel "DSDS" komplett herauszuschneiden. Dafür werden auch inhaltliche oder dramaturgische Lücken in Kauf genommen, heißt es vonseiten des Senders.

Damit reagiert RTL auf Wendlers jüngste Entgleisungen auf Telegram, wo er zu den neuesten Corona-Maßnahmen der Bundesregierung einen KZ-Vergleich anstellte. Es ist ein Schritt, der spät kommt und beim genaueren Betrachten fast ein wenig scheinheilig wirkt. Denn es ist nicht die erste Entgleisung dieser Art. Es ist nur offenbar das erste Mal, dass RTLs Comedy-Zugpferd Oliver Pocher davon Wind bekam.

Wenn Oliver Pocher etwas in seiner Instagram-Story zum Thema macht, dann kann man sich sicher sein, dass innerhalb kürzester Zeit Hunderttausende davon erfahren und es früher oder später (meist früher) auch in den Medien landet. Spätestens dann ist das Ganze nicht mehr aufzuhalten. So war es auch dieses Mal. Kaum hatte Oliver Pocher den Screenshot von Michael Wendlers Telegram-Channel kommentiert, folgten die ersten Berichte – und mit ihnen der Shitstorm gegen RTL.

HANDOUT - 21.09.2020, ---: Die Jury der Casting-Show "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS) mit Michael Wendler (l-r), Mike Singer, Maite Kelly und Dieter Bohlen. Am 5. Januar 2021 startet
Michael Wendler neben Mike Singer, Maite Kelly und Dieter Bohlen in der "DSDS"-Jury.Bild: dpa / Stefan Gregorowius

RTL wollte an "DSDS" mit Wendler festhalten

Wieso wird jemandem, der eine Anti-Corona-Maßnahme mit den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten gleichsetzt – in denen Millionen Menschen ermordet wurden – noch immer eine Plattform im deutschen TV zur besten Sendezeit geboten? Diese Frage warf nicht nur Oliver Pocher auf, sondern eben auch zahlreiche User auf Twitter.

Dennoch: RTL blieb stur, wollte fast krampfhaft an seinem Format in geplanter Form festhalten. "Wir lassen uns eine erfolgreiche Show nicht von einem Verschwörungstheoretiker zerstören", twitterte das Social-Media-Team von RTL. Zu diesem Zeitpunkt hatte man in Köln die Lage womöglich noch etwas unterschätzt. Leider.

RTL hätte klar sein müssen, dass man sich auf dünnem Eis bewegt

Denn im Laufe des Tages mischten sich immer mehr Menschen in die Debatte ein, auch Politiker. Und plötzlich war man sich in Köln wohl doch nicht mehr so sicher, ob die Entscheidung, den Wendler weiter in seiner zweimal die Woche laufenden Primetime-Show zu veralbern, richtig ist.

Der Sinneswandel folgte am späten Mittwochnachmittag. "RTL nimmt Michael Wendler sofort aus dem Programm" verkündete der Sender offiziell. Man distanziere sich klar und eindeutig von den aktuellen Äußerungen Michael Wendlers.

In den sozialen Netzwerken wurde dieser Schritt bejubelt. Unter anderem Oliver Pocher, Chris Töpperwien, Sophia Thomalla, Andrej Mangold oder auch Maite Kelly befürworteten diese Entscheidung klar.

Eine gewisse Scheinheiligkeit steckt aber in RTLs Einlenken. Denn ohne Oliver Pochers Anstoß und die zahlreichen Reaktionen vor allem auch aus der Politik wäre vermutlich noch immer nicht viel passiert. Provokativ gefragt: Wieso auch? Der Wendler hätte dem Sender sicher eine beachtliche Quote beschert. Denn irgendwie wollte ja doch jeder wissen: Wie geht der Sender A) mit ihm um und B) wie hat sich der Juror überhaupt geschlagen? Hätte man seine Wandlung vielleicht sogar schon irgendwo erahnen können? RTL ist ein Wirtschaftsunternehmen und dementsprechend immer auf Profit aus. Es strahlt, für diesen Profit, nicht zum ersten Mal fragwürdige Inhalte aus. Aber in diesem Fall hätte allen Beteiligten schon viel früher klar werden müssen, dass sie sich auf ganz dünnem Eis bewegen.

Veronika Ilieva aus Heimerdingen versucht die Jury (v.l.) Michael Wendler, Mike Singer, Maite Kelly und Dieter Bohlen von sich zu überzeugen.

Die Verwendung des sendungsbezogenen Materials ist nur mi ...
Für Michael Wendler ist die Zeit bei "DSDS" vorbei.Bild: TVNOW / Stefan Gregorowius

Wendler ist wie tickende Zeitbombe

Der Wendler ist wie eine tickende Zeitbombe. Das ist schon lange klar und dürfte auch den Verantwortlichen bei RTL nicht entgangen sein. Irgendjemand in diesem großen Medienunternehmen wird wohl von Tag eins an Wendlers Telegram-Tätigkeiten verfolgt haben. Und diesem jemand hätte schon vor langer Zeit auffallen müssen, dass es eben nicht das erste Mal war, dass der Wendler Beiträge postet, die die Anti-Corona-Maßnahmen von Bundesregierung und Landesregierungen mit dem Terror und Massenmord der Nazis vergleichen.

Allein in den vergangenen Wochen fanden sich bis Mittwochabend zahlreiche Posts, in denen Wendler KZ-Vergleiche anstellte. Auch wenn es sich dabei vorwiegend um weitergeleitete Beiträge aus den Kanälen von Attila Hildmann oder anderen Verschwörungsmythikern handelte, macht das den Wendler nicht weniger zum Täter. Immerhin preist er immer wieder an, dass es "die ganze Wahrheit" nur auf seinem Telegram-Kanal gebe.

Braucht es immer erst einen Oliver Pocher?

Also warum wurde nicht schon früher gehandelt? Auf die Nachfrage von watson, ob RTL erst jetzt auf die KZ-Vergleiche von Michael Wendler aufmerksam wurde und den Hinweis, dass er schon seit Wochen immer wieder Inhalte dieser Art geteilt hat, erklärte RTL lediglich: "Während der Dreharbeiten zu 'DSDS' hat Michael Wendler keinerlei solcher Äußerungen getätigt."

Braucht es also tatsächlich erst Oliver Pocher als Kämpfer für Demokratie und gegen Holocaust-Verharmlosung, bis die Lage nicht mehr ver- sondern erkannt wird? Offenbar schon. Und das ist traurig und eben scheinheilig. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Experten schon früh Alarm geschlagen haben. So sagte Michael Blume, Antisemitismusbeauftragter des Landes Baden-Württemberg, gegenüber watson:

"Immer wieder habe ich davor gewarnt, dass sich Verschwörungsgläubige auch gegen die Parteien wenden, durch die sie hofiert wurden. Das Gleiche gilt leider auch für Medienunternehmen wie Facebook, FoxNews oder RTL: Verschwörungsgläubige wie der Trump-Unterstützer Michael Wendler oder Xavier Naidoo können für vergangene Unterstützung nicht dankbar sein, sondern beschuldigen auch frühere Partner der Verschwörung. Deswegen kann ich allen Medienunternehmen nur raten, es nicht mit Beschwichtigung zu versuchen, sondern gegenüber Verschwörungsmythen von sogenannten 'Stars' frühe und klare Grenzen zu ziehen."

Seine Warnung wurde lange überhört.

Übrigens: Die Brisanz seiner eigenen Inhalte und dass seine Erklärung, er habe gar nicht von KZ im Sinne von Konzentrationslager geschrieben, sondern damit lediglich "Krisen Zentrum" gemeint (er änderte seinen Wortlaut auch später in diese Richtung auf Telegram), unglaubwürdig ist, scheint mittlerweile sogar Michael Wendler aufgefallen zu sein. Während sich bis Mittwochabend das Wort KZ noch in unzähligen seiner Telegram-Beiträge finden ließ, bleibt die Suche nun leer. Der Wendler hat offenbar mittlerweile alle Inhalte, in denen die Abkürzung KZ vorkommt, gelöscht.

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